Weshalb sollte nach einer WR z.B. das Benzin, Brot, Mieten, Krankenkassen, nun um so vieles billiger sein? Na ja, vielleicht weil die Nachfrage einbricht?
Das hat nichts mit Nachfrage zu tun sondern mit den Zinsen, die wir auf jedem Produkt mit bezahlen.Guckst Du hier:
viewtopic.php?p=2424#p2424
Gleich Deflation, gleich Wirtschaftskrise. Dabei würden aber auch die Löhne sinken.
Mal abgesehen von der oben erwähnten Zins-Problematik:
Du hast - Phantasiebeispiel - jedes Jahr 3% mehr Lohn, weil die Teuerung um 2% steigt. Somit wird sichergestellt, dass Du Dir jedes Jahr gleich viel für Deinen Lohn kaufen kannst und noch ein bisschen mehr. Real hast Du in meinem Beispiel noch 1% reale Lohnerhöhung.
Nun nehmen wir mal an, Du würdest jedes Jahr exakt gleich viel verdienen. Da aber die produktivität steigt und Rationalisierung, Skaleneffekte etc. in der Wirtschaft wirken, sinken die Preise um 1% pro Jahr. Du hast also auch jetzt eine reale Lohnerhöhtung von 1%. Zwar eben nicht über einen gestiegenen Lohn sondern durch sinkende Konsumentenpreise.
Frage: Würde Dich das wirklich dermassen stören???
Etwas präzisiert:
Technische Entwicklung ist deflationär! Deflationär in dem Sinn, als sie Konsumentenpreise senkt. Denke dabei z.B. an den Mähdrescher, der 200 Landarbeiter ersetzt und somit Weizen -> Mehl -> Brot billiger werden lässt. Oder die DVD-Player, Handys, Laptops, die dank hochgradiger Roboterisierung in den Taiwanesischen und Chinesischen Fabriken effizienter und billiger produziert werden können.
Oder - auf die Zukunft bezogen - Batterien, die derzeit noch manuell hergestellt,. in Zukunft aber in grossen Roboter-Fabrikhallen automatisch produziert werden. --> Skaleneffekt.
Was also in Dreiteufelsnamen ist so schlecht an sinkenden Preisen?
Die Antwort ist zwiespältig:
In der Konsumgüterindustrie sind sinkende Preise ein Segen. Du musst nicht mehr ein halbes Monatsgehalt für ein Handy oder einen Laptop hinlegen, wie noch 1996. Ein Auto kostet auch nicht mehr 10 Jahresgehälter wie noch vor 100 Jahren sondern nur noch ein halbes Jahresgehalt.
Auch dass Du nur noch 5 Minuten statt 6 Stunden für ein Brot arbeiten musst, ist grundsätzlich positiv zu sehen.
In der Investitionsgüter-Industrie liegt der Fall anders: Wenn Du der Auffassung bist, dass eine Immobilie in 2 Jahren günstiger ist als heute, dann wirst Du warten. Dasselbe gilt auch für eine Maschine, Möbel oder andere langlebige Dinge.
Die Theorie lautet:
"Wenn man erwartet, dass eine Sache billiger wird, dann wird sie jetzt nicht gekauft, weil alle auf den niedrigeren Preis in der Zukunft warten."
Diese Theorie ist eben nur zum Teil richtig: Jeder von uns weiss - und wusste schon vor 10 Jahren - dass ein Handy, ein Laptop, eine Digital-Kamera in 6 Monaten billiger und besser sein würde als heute. Und dennoch haben wir immer Handys, Laptops und Digital-Kameras gekauft. Die Erwartung günstigerer Preise hat uns also nie vom Kaufen abgehalten.
Oder würdest Du auf das Auftanken verzichten, wenn Du wüsstest, dass Benzin in einem Monat um 2 Rp./l billiger wird?
Würdest Du jetzt keine Kartoffeln kaufen im Wissen, dass die Kartoffelernte 2014 günstigere Kartoffeln produzieren wird?
Wohl kaum, oder? Und warum nicht? Weil dir der jetzige Grenznutzen den Preis rechtfertigt. Schliesslich willstu Du jetzt Pommes essen, Auto fahren, Telefonieren, twittern oder fotografieren und nicht erst in einem oder zwei Jahren.
Jetzt haben wir ein günstiges Zinsumfeld. Nach einer WR wären aber ev. die Zinsen wesentlich höher als jetzt, da Kredite nicht mehr so einfach vergeben würden, stelle ich mir vor.
Das (=Zinsen nach WR) ist nicht der Punkt.Der Punkt ist, dass wir derzeit auf den aktuellen Schulden Zinsen zahlen müssen. Bei einem globalen Geldvermögen von vielleicht 100 Billionen Dollar sind das auch bei derzeit bescheidenen 1-2% gut 1-2 Billionen Dollar. Das ist Geld, das in der Realwirtschaft erarbeitet werden muss und und deshalb für die Steigerung des Lebensstandards fehlt.
Nun nehmen wir mal an, wir hätten eine WR über 99% global. Die globalen Schulden würden sich entsprechend auf 1 Billion Dollar verringern. Selbst wenn wir jetzt 5% Zinsen darauf zahlen müssten, wären das mit 50 Mrd. nur ein Zwanzigstel bis Vierzigstel dessen, was wir heute an Zinsen zahlen.
Wie es um die Wirtschaft bestellt wäre, wenn auf einen Schlag Billionen an Vermögen sich aufgelöst haben?
Diese Frage lässt sich - historisch begründet - relativ einfach beantworten: Es gäbe nicht nur einen Wirtschaft-
Aufschwung sondern geradezu einen Wirtschafts-
BoomEin eindrückliches Beispiel ist der Aufschwung in Deutschland nach der WR 1948 in den 1950er Jahren.
Oder falls Du es ohne Krieg magst: Russland ab 1996, Türkei ab 2006
Die Begründung ist einfach: Das Geld fliesst zum grossen Teil nicht mehr in Zinsen sondern kann gespart oder verkonsumiert werden.
Wenn wir von derzeitigen 40% des Produktiv-Erlöses ausgehen, die dann nicht mehr als Zinsen fällig werden und zwischen Sparkapital und Konsum 50:50 annehmen, dann haben wir 20% mehr Konsum und gleichzeitig 20% mehr Ersparnisse.
Und wenn wir weiterhin unterstellen, dass ein zukünftiges Geldsystem derart gestaltet wird, dass Kredite durch Ersparnisse und nicht mehr durch Geldschöpfung bedient werden, kann es durchaus sein, dass dieses System funktioniert!
Wie schon unter
viewtopic.php?p=2424#p2424 beschrieben: Wenn das Angebot an Ersparnissen nicht ausreicht, um die Nachfrage nach Krediten zu befriedigen, dann steigen die Zinsen, bis das Equilibrium erreicht ist. Oder umgekehrt sinken die Zinsen bis das Angebot an Sparkapital wieder der Nachfrage nach Krediten entspricht. Was sollte daran falsch sein?