Viele Schweizer Politikerinnen und Politiker wie auch Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf erklären bereits, dass die Schweiz von Offshore-Leaks höchstens am Rand betroffen sei …
Die werden sich noch wundern. Bisher ist nur die Spitze eines Eisbergs sichtbar. Weil die Summe der aufgedeckten Einzelfälle ein besseres Verständnis des Gesamtsystems zulässt, wird auch die Rolle des Finanzplatzes Schweiz wieder ins Zentrum des Interesses rücken. Gemäss einer Studie von TJN werden bis zu 32 Billionen US-Dollar in Offshore-Zentren gelagert, Tendenz zunehmend. Der Finanzplatz Schweiz ist immer noch der grösste Vermögensverwalter der Welt, mit der UBS an der Spitze, nicht weit dahinter die CS. Gemäss Offshore-Leaks ist die UBS in 2900 Offshore-Gesellschaften involviert. Und im Fall Sachs offenbart sich die grosse Rolle von Schweizer Anwaltskanzleien.
Die Schweiz hat doch in den letzten Jahren einiges verbessert. Es heisst, sie habe eines der weltweit schärfsten Geldwäschereigesetze.
Das stimmt so nicht. Die Schweiz hat zwar ein ausgeklügeltes System der Sorgfaltspflicht. Aber Tatsache ist doch, dass immer und immer wieder neue Fälle von schmutzigem Geld entdeckt werden. Nach wie vor erfüllt die Schweiz einige Forderungen der zuständigen Gremien der Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung, der OECD, nicht. Die Schweiz stellt sich auch weiterhin gegen einen automatischen Informationsaustausch in Steuerfragen. Nur gegenüber den USA muss sie sich aufgrund des Drucks anders verhalten. In der Schweiz gibt es zudem kein öffentliches Register von Trusts und Stiftungen. Auch veränderte Besitzverhältnisse bei Gesellschaften müssen nicht gemeldet werden. Dass dies im Dunkeln gelassen werden kann, ist ein wichtiges Element im Offshore-System.
Bisher stehen Rohstoffkonzerne und andere transnationale Unternehmen nicht im Zentrum von Offshore-Leaks. Könnte sich dies noch ändern?
Tatsächlich beziehen sich die veröffentlichten Daten nur auf Einzelpersonen. Aber transnationale Unternehmen nützen das Offshore-System auch stark aus. Insbesondere durch die verbreiteten Praktiken, firmenintern Handel weit neben den Marktpreisen zu betreiben (sogenanntes Transfer Mispricing) und die Gewinne bei Tochterunternehmen anfallen zu lassen, die ihren Sitz in Steueroasen haben (sogenanntes Profit Shifting). Das betrifft weit mehr als nur die Rohstoffbranche, wie die jüngsten Skandale um Unternehmen wie Google, Amazon oder Starbucks zeigen. Es gibt mittlerweile eine breite Koalition, die sich gegen solche Praktiken wendet, nicht nur in der Zivilgesellschaft, sondern auch auf der Ebene der OECD.