Also fassen wir nochmals zusammen:
Wird es zu einer Währungsreform kommen? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit?
Die Wahrscheinlichkeit für eine WR ist sehr hoch. Über 90%. Der Grund ist, dass Schulden und Zinsen immer exponentiell steigen. Aber exponentielles Wachstum der Wirtschaft ist in einer endlichen Welt nicht möglich.
Beachtet mal nur die beiden untersten Linien: BIP und Zinsen. Das BIP hat sich 1950-2007 ver-8-facht. Die Zinsen ver-37-facht
Die Zinslast wächst also schneller als das BIP. Im Jahr 2007 sieht es noch tragbar aus: Die Zinsen machen etwa 1/5 des BSP aus. Aber die Zinskurve wächst um einiges schneller und wird auch immer schneller wachsen.
Rein mathematisch wird sie eines Tages das BIP aufgeholt haben. Und das bedeutet dann - theoretisch - nichts anderes als dass die gesamte Wirtschaft nur noch für die Zinsen arbeitet. Es wird nichts gegessen, nichts getankt, keine Steuern bezahlt, keine Patienten medizinisch betreut. Alles fliesst in die Zinsen.
Dass es soweit gar nicht kommen
kann, liegt auf der Hand. Wir können uns jetzt die Kurven anschauen und darüber diskutieren, wann der Punkt erreicht ist, wo hier unweigerlich etwas verändert werden muss. Denn eines wissen wir auch aus vielen Erfahrungen der Geschichte: Wenn sich für den normalen Arbeiter die Arbeit nicht mehr lohnt, wird er irgend wann auf die Strasse gehen. Die Unruhen in Griechenland, Spanien etc. sind ein Vorgeschmack dessen, was auch in Kerneuropa passieren wird, wenn hier nicht radikal eingegriffen wird!
Dabei wollen wir auch immer im Hinterkopf behalten, dass die Grafik aus dem Jahr 2007 stammt und seither die Geldmenge massiv ausgeweitet, die Schuldenlast erhöht wurde!
Was kann man tun, um dieses Verhältnis BIP/Zinsen zu normalisieren?
Man muss dafür sorgen, dass die BIP-Kurve stärker wächst als die Zins-Kurve.
Also entweder das BIP steigern oder die Zinskurve abschwächen.
1. Wirtschaftswachstum
Natürlich wird versucht, das BIP, das Wirtschaftswachstum zu steigern. Man hat dies mit Abwrackprämien, niedrigen Zinsen und Stimuluspaketen versucht, dabei seit 2009 die Schulden massiv erhöht aber gebracht hat es nichts. Der Wirtschaft darf man da keinen Vorwurf machen. Immerhin wurde die Leistung in 57 Jahren ver-8-facht. Aber gegen die exponentiell steigenden Zinsen kommt sie nicht an. Soweit ich weiss hat es in der Menschheitsgeschichte nur einmal funktioniert, das BIP über lange Zeit schneller als die Zinskurve wachsen zu lassen. Das war im alten Rom, wo regelmässig Eroberungskriege geführt werden mussten, um genug Beute zu machen, die die Zinsen in Rom bezahlen konnten. Dennoch hat die Zinskurve schlussendlich (nach Nero) gewonnen. Das gesamte Vermögen Roms hatte sich auf 8 Familien konzentriert.
2. Zinssenkung
Also bleibt noch, die Zinskurve abzuschwächen. Das hat man auch getan, indem man die Zinsen künstlich auf historisch niedriges Niveau heruntergefahren hat und dort belässt. Das hat zur Folge, dass die Zinskurve zwar immer noch steigt, allerdings langsamer. Die Hoffnung der Politiker liegt nun darin, dass die Zinskurve langsamer wächst als die Wirtschaft. Somit würde sich der Abstand wieder erweitern und die Schulden könnten langsam abgebaut werden. Das würde allerdings Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Das grosse Problem dabei ist, dass hierzu enorme Schulden aufgebaut werden mussten. Das heisst: Man hat zwar weniger Zins auf den Schulden aber eben höhere Schulden.
3. Negativzins
Eine weitere Lösung wäre, die Zinsen negativ werden zu lassen, sodass Vermögen im Laufe der Zeit langsam schwinden und die Geldmenge durch den Negativzins langsam abgebaut wird. So etwas hat im alten Ägypten bis zum Einmarsch der Römer einwandfrei über 1000 Jahre lang funktioniert. Man hatte als Umlaufgeld den Korngiro, eine Weizen-gedeckte Währung, die pro Jahr 10% an Kaufkraft verlor sowie als zweite Währung Gold und Silber, die keinen Wert verlor und in der man sparen konnte. Z.B. um ein Haus zu kaufen.
4. Haircut
Eine weitere Variante wäre ein Haircut. Auf Deutschland bezogen: Es gibt Vermögen im Wert von 5 Billionen Euro, wovon 3 Billionen den den reichsten 10% gehören. Dem stehen Schulden von 2 Billionen gegenüber.
Man könnte nun ganz radikal den reichsten 10% 2 von 3 Billionen wegnehmen, davon die Staatsschulden begleichen und wäre schuldenfrei. Das Volksvermögen würde dann auf 3 Billionen sinken, wovon die reichsten immer noch 1 Billion hätten. Sie würden also nicht verlumpen. Dennoch wäre das ein brutaler Eingriff ins Vermögens- und Eigentumsrecht. Aber machbar wär's-
5. Währungsreform
Schlussendlich die Währungsreform, die ähnlich abläuft allerdings nicht gezielt auf die 10% der reichsten losgeht sondern auf das ganze Volk, wobei jene mit hohem Vermögen mehr verlieren als jene mit kleinem Vermögen.
Was für die Währungsreform als endgültige Lösung spricht, ist in erster Linie die geschichtliche Erfahrung aus der Vergangenheit vom alten Rom über die französische Revolution bis Simbabwe. Ein Haircut mit Enteignung der Reichen käme einem Staatsbankrott gleich. Der Staat weigert sich einfach, seine Schulden weiter zu bedienen und alle Staatsanleihen müssen abgeschrieben werden.
Negativzinsen wären eine interessante neue Variante, die so bisher meines Wissens noch nie ausprobiert wurde. Richtig Sinn macht die Zinstreppe allerdings auch nur dann, wenn die Schulden zuvor auf ein erträgliches Mass reduziert wurden. Ausserdem dauert es sehr sehr lange, bis sich hier positive Auswirkungen zeigen.
Der Vorteil einer Währungsreform liegt darin, dass danach in den meisten Fällen ein Wirtschaftsboom folgt. Dass die breite Masse davon profitiert und nur eine reiche Minderheit geschädigt wird. Allerdings wird auch diese reiche Minderheit danach noch immer reich genug sein, um ihren bisherigen Lebensstandard zu halten.
Ein Schuldgeld-System mit Zinseszins führt ab dem Punkt zu einer Verteilung von der Masse zu den Reichen, von Arbeit zu Kapital, wenn die Zinskurve stärker steigt als die Wirtschaftsleistung. Man hat in den letzten 50 Jahren durch die soziale Marktwirtschaft versucht, diesen Fluss von Masse zu Reich zu mildern. Teilweise mit Erfolg. Dennoch nimmt die Kaufkraft der Masse ab während die Reichen, die ihre Einkünfte über Kapitalerträge erzielen in den 10 Jahren ihre Vermögen enorm steigern konnten. Schlussendlich erzeugt jedes Volk ein gewisses Volumen an Gütern und Dienstleistungen, die irgend wie verteilt werden müssen. Wenn der Mittelstand erkennt, dass er trotz höherer Produktivität immer weniger davon hat, während ein immer grösserer Teil an eine reiche Minderheit geht, kommt es irgend wann zu enormen sozialen Spannungen. Und die verringert nicht nur die Lebensqualität der Masse sondern auch jene der Reichen.
Beispiel Saõ Paoulo, Brasilien: Die Superreichen dort müssen in gut gesicherten Villen hinter Stacheldraht und hohen Mauern mit Videoüberwachung und Bodyguards ihr Leben fristen. Sie bauen sich ihr eigenes goldenes Gefängnis. Da hat es ein Millionär in der Schweiz besser. Er kann sich frei und gefahrlos bewegen. Es wäre also auch im Interesse der Millionäre von Saõ Paoulo, die Schere zwischen Arm und Reich zu verringern. Sie hätten dann halt weniger Geld aber eine bessere Lebensqualität.
Ein Staat wird eine Währungsreform dann zulassen, wenn die Massen auf die Strasse gehen. Wenn soziale Unruhen ausbrechen, weil die Menschen selbst mit Zweitjob keine Perspektive mehr sehen.
Oder - die zweite Variante - das Volk verliert das Vertrauen in die Währung und benutzt sie einfach nicht mehr als Tauschmittel (so geschehen in Simbabwe). Dann führt ohnehin kein Weg mehr an der WR vorbei, denn das Volk verwendet bereits eine andere Währung. Als ich 1995 während der Hyperinflation in Moskau war, hatte ich nie einen Rubel in der Hand. Ich habe immer alles in D-Mark oder Dollar bezahlt.
Wäre eine neue Währung nach der WR goldgedeckt?
Mit grösster Wahrscheinlichkeit schon: Wie oben erwähnt, wird eine Währungsreform dann durchgeführt, wenn das Vertrauen in die alte Währung geschwunden ist. Woher sollte also bitteschön das Vertrauen in die neue Währung kommen? Und dieses Vertrauen muss sehr schnell aufgebaut werden, damit das neue Geld sofort als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Alles andere wäre eine Katastrophe: Leere Regale, leere Tankstellen, Schwarzhandel etc.
Um also das Vertrauen in eine Währung zu erreichen, muss sie gedeckt bzw. an eine andere, vertrauenswürdige Währung gekoppelt werden. Zumindest in der Anfangsphase der ersten paar Jahre.
Weniger wichtige Länder koppeln ihre Währung z.B. an den Dollar oder den Euro. Das macht auch Sinn, so lange diese Währungen stabil und vertrauenswürdig sind.
Wenn wir aber von einer globalen WR ausgehen (und das müssen wir, wenn Leitwährungen wie Dollar, Euro gefährdet sind), dann bleibt als letzte stabile Währung nur noch Gold.
Ich behaupte nicht, dass ein (partieller) Goldstandard die beste Lösung für die Zukunft ist. Aber ich behaupte, wir werden nach einer WR für eine Übergangszeit von vielleicht 10 Jahren eine Golddeckung erleben, bis die Wirtschaft wieder so richtig brummt und das Vertrauen in die neue Währung etabliert ist.