Ich erkenne eine vermehrte Tendenz vieler Schreiber, die sich zur langfristigen Anlagestrategie ihre Gedanken machen und sich dementsprechend äussern.
Der ist so einer, mir gefällt die Art wie er denkt!
[SIZE= px]Von Tim Schäfer Journalist New York, Donnerstag, 14. Februar 2013[/SIZE]
Mitten in Absurdistan: Unlogische Verhaltensweisen an der Börse
Heute stelle ich Ihnen drei absurde Verhaltensweisen an der Börse vor.
Erstens das wilde Trading
Die Halteperiode von Aktien entscheidet über die Performance. Halten Sie eine Aktie mehr als zehn Jahre, nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, gut mit dem Papier abzuschneiden. Hierzu gibt es verschiedene Studien, die den Zusammenhang der Anlagedauer, der Performance bzw. des Risikos untersuchen.
http://web.iese.edu/jestrada/PDF/Research/Others/TimeDiv.pdf
Im Jahr 1940 betrug an der New Yorker Börse die durchschnittliche Haltedauer von Aktien noch sieben Jahre. Das blieb so die darauffolgenden 35 Jahre. Zum Crash 1987 sank die durchschnittliche Haltedauer auf zwei Jahre. Aktuell sind es weniger als sieben Monate.
Mittlerweile wird der ETF SPDR S&P 500 beachtliche 8.000 Prozent getradet. Dieses wilde Trading der Profis hat kürzlich Vanguard-Gründer John Bogle in einem Interview kritisiert.
Der Erfolg von Warren Buffett zeigt, je länger die Haltedauer, desto besser die Performance. Es macht ja durchaus Sinn: Wer durchhält, spart Transaktionskosten, Steuern und kann so besser vom Zinseszinseffekt profitieren. Zudem entfällt das große Problem der Selbstüberschätzung. Niemand kann exakt den kurzfristigen Kursverlauf vorhersehen – auch wenn es viele glauben.
Die Bank of America hat in einer Studie herausgearbeitet, dass es ratsam ist mindestens zehn Jahre seine Aktien durchzuhalten.
Zweitens die Empfehlungen: Kaufen, Halten, Verkaufen
Analysten wundern mich manchmal. Da gibt es einen, der rät eine Aktie X zu kaufen. Seit Jahren kommen nur Kaufsignale von ihm. Er sagt „Strong Buy“ bei 30 Euro. Und wiederholt die Kaufempfehlung, nachdem die Aktie auf 37 geklettert ist. Als die Aktie auf über 40 Euro marschiert, kommt eine neue Kaufempfehlung. Das Unternehmen meldet eine überraschende Gewinnwarnung. Der Kurs stürzt ab. Irgendwo bei 28 Euro ist die Aktie plötzlich ein „Verkauf“. Was soll das? Erst ist die Aktie bei mehr als 40 Euro ein starker Kauf, jetzt bei 28 Euro ist das gleiche Unternehmen ein „Sell“? Merkwürdig. Das macht alles keinen Sinn. (Ich habe eine ähnliche Verhaltensweise beobachtet, möchte aber hier nicht einen Analysten anschwärzen. Wir machen alle Fehler.)
Schauen Sie sich mal diesen Aktienchart mit den Analysteneinstufungen dazu an: „Kaufen“ immer auf dem Top. Einen „Verkauf“ gab es nie. Auffällig oder? Dass ungern ein „Verkauf“ ausgesprochen wird, ist dem Staatsanwalt und der SEC aufgefallen. Die Behörden verhängten schon vor zehn Jahren gegen die großen Wall-Street-Banken saftige Strafen – wegen der Interessenkonflikte.
Irgendwie macht das keinen Sinn. Da kann ich gleich Lottospielen.
Was sagt uns das? Nicht nur Privatanleger machen Fehler. Auch Profis.
Ich bin der Meinung: Kein Mensch kann den Markt kontinuierlich kurzfristig „timen“. Es ist reine Glückssache, wenn es klappen sollte.
Drittens das gesamte Vermögen auf dem Festgeldkonto
Eine Bekannte verhält sich merkwürdig. Sie hat all ihre Ersparnisse auf dem Festgeldkonto geparkt. Ich glaube, sie kassiert nicht mal 1,0 Prozent Zinsen per annum. Gleichzeitig könnte sie drei Prozent Dividendenrendite mit stabilen Blue Chips einstreichen. Ich fragte sie, warum sie keine starken Dividendentitel statt dem Festgeld erwägt. Sie hat schlicht Angst vor Aktien. Ihr gesamtes Vermögen (außer der Immobilie) hat sie seit zig Jahren der Inflation ausgesetzt.
Von Tim Schäfer