Ein interessantes Interview von
Tim Schäfer, für Euro am Sonntag, ich mag solche Self made Milliardäre Geschichten, darum stelle ich es hier rein.
Leon Cooperman, Sohn eines Klempners und Goldman-Sachs-Manager, ist Gründer des Hedgefonds Omega Advisors. Der streitbare Milliardär ist einer der bekanntesten New Yorker Investoren.
Leon Cooperman zählt zu den schillerndsten Investoren der Wall Street, gilt aber auch als Philanthrop: Mit Spenden von über 20 Millionen Dollar unterstützt er die jüdische Gemeinde, Schulen und eine Krebsstiftung. Richtig in die Schlagzeilen geriet der Milliardär vor einem Jahr, als er in einem offenen Brief den US-Präsidenten Barack Obama scharf kritisierte und ihm Klassenkampf-Rhetorik vorwarf. Cooperman wurde zu einem der Wortführer gegen die Protestbewegung Occupy Wall Street. Das US-Magazin „Forbes“ schätzt das Vermögen Coopermans auf 1,5 Milliarden Dollar.
€uro am Sonntag: Wie schwer war es für Sie im Rückblick, sich aus einfachsten Verhältnissen zu einem der reichsten Männer Amerikas hochzuarbeiten?
Leon Cooperman:
Es ist eine Kombination aus harter Arbeit und Glück. Aber ehrlich gesagt: Der Berufseinstieg selbst war gar nicht so hart für mich, weil ich mein Berufsleben in einer guten Zeit begann. Mitte der 60er-Jahre befand sich die Börse im Aufwind, und ich hatte nach meinem Abschluss viele Jobangebote. Heute ist das anders. Da gibt es Berufsanfänger, die wesentlich besser qualifiziert sind als ich und die keine Anstellung finden.
Wie sind Sie so rasch nach Ihrem Studium zur Investmentbank Goldman Sachs gekommen?
Damals war Goldman Sachs nicht so bedeutend wie heute. Sie haben mir schlichtweg das höchste Gehalt geboten. Also habe ich mich einfach für sie entschieden.
Gibt es eigentlich eine Geheimformel, um in Ihrem Geschäft erfolgreich zu sein?
Nein, die gibt es nicht. Es ist harte Arbeit. Ich fange hier jeden Morgen um 6.30 Uhr an. Jeden Abend treffe ich andere Vermögensverwalter, spreche Ideen durch, diskutiere.
Wann gehen Sie ins Bett?
Um 23.15 Uhr. Und ich stehe um 5.15 Uhr auf.
Sie müssten eigentlich nicht mehr arbeiten, haben vermutlich alles erreicht, was Sie erreichen wollten. Was motiviert Sie, morgens aus dem Bett zu kommen?
Das ist meine Natur. Ich will in meinem Job weiterhin das Beste geben.
Werden Sie nicht zu Hause von Ihrer Familie vermisst?
Ich habe eine tolle Familie, bin seit 48 Jahren mit meiner Frau verheiratet. Ich habe zwei erwachsene Söhne, drei Enkelkinder. Man kann gleichzeitig eine gute Karriere und ein gutes Familienleben haben.
Wie oft sehen Sie Ihre Frau?
Ich bin mit meiner Frau an den Wochenenden zusammen. Freitags um 16 Uhr ist meine Arbeitswoche zu Ende.
Sie haben vor einem Jahr einen Brief an US-Präsident Obama geschrieben, weil sie verärgert waren über Klassenkampf-Schlagzeilen und die Vorwürfe gegen die reiche Oberschicht. Hat der Präsident Ihnen jemals geantwortet?
Nein.
Sie haben keinerlei Reaktion bekommen?
Ich habe Tausende E-Mails aus aller Welt bekommen, von der Regierung aber nichts. Das hat mich schon überrascht. Aber es ist, wie es ist.
Was werfen Sie Obama vor?
Zugegeben, er hat es nicht leicht. Aber Obama ist ein Populist, hat eine ganz spezielle Form der Arroganz, ist polarisierend. Er ist nicht in der Lage, die Menschen zusammenzubringen, er versucht nicht, Differenzen zu überwinden. Der frühere US-Präsident Lyndon B. Johnson, ebenfalls ein Demokrat, brachte dagegen die Menschen zusammen.
Sind Sie Republikaner?
Ich bin weder Demokrat noch Republikaner, sondern politisch unabhängig.
Sie haben Obama vorgeworfen, er erwecke den Eindruck, dass Reiche keine Steuern zahlen. Wie viel Steuern zahlen Sie?
Dass die Reichen in den USA keine Steuern zahlen, ist eine Lüge. Mein Steuersatz vergangenes Jahr betrug 29,3 Prozent.
Streiten Sie eine Mitschuld der Wall Street an der Finanzkrise ab?
Ich sag Ihnen mal was: Das größte Problem ist nicht die Wall Street, sondern die Regierung. Es hat jahrelang zahlreiche Warnungen gegeben, dass die Hypothekenbanken Freddie Mac und Fannie Mae dramatisch wachsen und ein großes Risiko für das gesamte Finanzsystem darstellen. Barney Frank, der dafür zuständige demokratische Kongressabgeordnete aus Massachusetts, hat sich aber nicht darum gekümmert. Er wollte lieber, dass jeder ein Eigenheim besitzt, egal ob er es sich leisten konnte oder nicht.
Sie haben viele Anhänger unter den Börsianern. Wie sieht Ihre Anlagestrategie aus?
Als Value-Investoren versuchen wir, Aktien mit niedrigerem Kurs-Gewinn-Verhältnis zu bekommen als der Durchschnitt des S & P-500-Index. Wir schauen auf Wachstum, auf die Dividende, auf die Bewertung der Vermögensbestandteile. Wenn Sie den S & P 500 als Ganzes kaufen, dann erhalten Sie ein Gewinnwachstum von im Schnitt sechs Prozent jährlich, eine Dividendenrendite von zwei Prozent und Sie zahlen den zweifachen Buchwert. Wir suchen aber Firmen, die bessere Kennzahlen mitbringen.
Als spekulativ kann man Ihre Strategie dann nicht bezeichnen?
Nein. Wir kaufen Substanzfirmen, die sehr lange am Markt sind.
Halten Sie auch Leerverkaufs- Positionen?
Ja, wir haben Shortpositionen, sie betragen zwischen fünf und 15 Prozent unseres Portfolios.
Wie lange bleiben Sie investiert?
75 Prozent des Portfolios halten wir etwa ein bis zwei Jahre.
Manche Profis warnen nach der Kursrally vor einer Überhitzung des Markts. Wie schätzen Sie die Lage ein?
In den zurückliegenden zweieinhalb Jahren war ich sehr optimistisch. Wir haben damit gut verdient. 2009 hat unser Fonds um 54 Prozent zugelegt, 2010 waren es 24 Prozent. Voriges Jahr plus minus null, dieses Jahr liegen wir 27 Prozent höher. Aktuell sind wir neutral eingestellt, weder bärisch noch bullish.
Was bedeutet das für Ihre Aktieninvestments?
Grundsätzlich sind wir da optimistisch. Auch wenn es viele Unwägbarkeiten gibt, kommt man an Aktien nicht vorbei. Wo wollen Sie Ihr Geld denn sonst hintun? Auf die Bank legen? Da bekommen Sie null Rendite. Für Staatsanleihen sind es gerade mal 1,7 Prozent. Das ist irre. Die US-Notenbank Fed hat ein Umfeld geschaffen, in dem es keine Alternative zur Aktie gibt.
Wie schätzen Sie die Lage in Europa ein?
Europa erscheint uns günstig. Wir besitzen den Gesundheitskonzern Fresenius, den Airline-Spezialisten Amadeus, die Telekomanbieter Telenet aus Belgien und Vodafone aus Großbritannien, dazu den Reifenhersteller Michelin. Wie wichtig ist für Sie das Gespräch mit dem Vorstand einer Firma?
Wir kaufen nichts, ohne vorher mit dem Management zu sprechen.
Was war Ihr bester Deal in den vergangenen fünf Jahren?
Wir haben extrem gut mit Apple abgeschnitten, haben die Aktie für 200 Dollar gekauft. Jetzt liegt sie trotz des jüngsten Kursrückgangs noch immer bei 540 Dollar.
Ist Apple noch immer eine langfristige Wachstumsstory für Sie?
Ich würde sagen, die Wachstumsstory neigt sich dort wohl langsam dem Ende zu.
Was war Ihr schlechtestes Geschäft?
Das war vor 13 oder 14 Jahren in Aserbaidschan, als das Land gerade den staatlichen Sektor privatisierte. Es stellte sich heraus, dass der Präsident des Landes ein Schlitzohr war. Wir hatten auch einen Angestellten, der damals das Gesetz gebrochen hat. Wir haben sehr viel Geld verloren.
Große Fehler, kann man die überhaupt vermeiden? Oder sind sie Teil des Investierens?
Sie sind Teil des Geschäfts. Es ist ganz einfach: Wenn Sie keine Fehler machen in diesem Geschäft, sind Sie entweder ein Lügner oder Sie drücken sich vor Entscheidungen.
Zur Person:
Fondsmanager aus der Bronx
Leon Cooperman wuchs im New Yorker Stadtteil Bronx als Sohn eines Klempners in armen Verhältnissen auf. Er studierte, machte seinen Abschluss an der Columbia Business School. Danach ging er direkt zu Goldman Sachs. Während seiner 25-jährigen Karriere stieg er zum Partner auf, wurde Verwaltungsratschef der Goldman-Vermögensverwaltung. 1991 gründete er den Hedgefonds Omega, der heute sieben Milliarden Dollar an Vermögen verwaltet.