@JohnBesten Dank für die ausführliche Antwort- Im Vergleich zu dir bin ich beim Thema "Investorenpolitik" blutiger Laie, womit ich einige Hemmungen habe, dir zu widersprechen.
Nehme an, dass diese Aussagen auf Fakten beruht, aber hat sich nicht APPL z.B. ohne Dividendenzahlungen überdurchschnittlich entwickelt, oder stagniert SCMN trotz hohen Dividenden??
Na, so ein Laie bist du sicher nicht, deine fundierten Ansichten belegen das Gegenteil.
Die von dir angesprochene Apple hat sich darum überdurchschnittlich entwickelt, weil Steve Jobs 1998 in das zuvor 1985 verlassene Unternehmen zurück kehrte und mit iMac, iPod, iPhone, iPad, dem angeschlagenen Konzern verhalf wieder in die Gewinnzone zurückzukehren. Eine interessante Anekdote: Jobs arbeitete bei Apple über mehrere Jahre hinweg für ein Jahresgehalt von einem Dollar und wurde damit in das Guinness-Buch der Rekorde als schlechtest bezahlter Geschäftsführer aufgenommen. Mit so einem innovativen Geschäftsführer, wäre es für die Aktionäre unsinnig gewesen, Dividenden zu erhalten, was aber für die Zukunft nicht mehr unbedingt gültig sein wird, da gebe ich m1gelito recht.
Anders aber bei der von dir angesprochenen Swisscom, die du ja, wegen ihrer hohen Dividende als lahm, phantasielos und wettbewerbsscheu einstufst. Doch müssen wir uns als Aktionäre bewusst sein, dass es sich um eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft handelt, am welchen der Bund 56,9 Prozent des Aktienkapitals und damit wie gesetzlich vorgeschrieben, die Mehrheit am Unternehmen hält, zwar anerkennt der Bundesrat die unternehmerische Autonomie von Swisscom überprüft aber jeweils im Frühjahr, ob sich Swisscom im Sinne seiner Vorgaben, welche der Bundesrat, alle vier Jahre vorgibt auf Kurs befindet, dieser Kurs beinhaltet die Rahmenbedingungen für die Aktivitäten von Swisscom sie bilden das Fernmeldegesetz, das Telekommunikationsunternehmensgesetz. Der Bund ist somit daran interessiert, ähnlich den von mir schon angesprochenen Big Players, auf hohe und regelmässige Ausschüttungen, sodass sie unabhängig von Kursschwankungen kalkulieren können. ?
Es schleckt ja keine Geiss weg, dass die ausgeschüttete Dividende im Unternehmen fehlt. Es ist für das Management eine viel einfachere Entscheidung, 40 % des Gewinns wegzugeben (dies könnte sogar der Portier so entscheiden) als zu bestimmen, wie dieses Geld im langfristigen Interesse des Unternehmens investiert werden soll. Es erinnert mich etwas an die selbst erlebte Situation, als der neue CEO rein kam und der GL mit überzeugender Gestik verkündigte, dass er den Entscheid gefällt habe, alle Budgetposten linear um 10 % zu kürzen um die Profitabilität zu erhöhen. Mein Spruch, dass ein solcher Entscheid eben auch der Portier hätte fällen können, kostete mir damals beinahe den Job. Ich habe immer wieder beobachtet, dass Kostensenkungsmassnahmen gegenüber Einnahmensteigerungsmassnahmen bevorzugt wurden, da einfacher zu kommunizieren und zu kontrollieren. Aber das ist ein anderes Thema.
Mich hätte es jetzt nicht gewundert, wenn du wegen dieses Spruches in die Kalahari Wüste verbannt geworden wärst. Aber für den Mut :bravo:
Jedoch ist es tatsächlich so, dass ein renommiertes Unternehmen welches seine Stellung im Markt schon innehat oder Marktleader ist, Kostensenkungsmassnahmen gegenüber Einnahmensteigerungsmassnahmen bevorzugt, da es damit weniger Risiko eingehen muss, dies macht bei einem aufstrebenden Unternehmen hingegen keinen Sinn, es muss Risiko nehmen, und Umsatzwachstum generieren, um sich im Markt zu behaupten.
Ein Aktieninvestor sucht sich demzufolge, gleich eines Autokäufers, seine Aktie nach Bedürfnis aus. Will er ein schnellen, spritzigen Sportwagen, (Apple Aktie) bei dem der Verbrauch zweitrangig ist (wenig bis keine Dividende), oder eine Familienkutsche, zum Beispiel einen Kombi mit viel Platz, hohen Sicherheitsansprüchen, (Swisscom Aktie) bei dem der Verbrauch äusserst wichtig ist (hohe Dividende).
Folgedessen widerspreche ich dir nur in dem Punkt, dass eine hohe Dividende, eine Risikoprämie dafür ist, dass man sein Geld in derartige Unternehmen steckt.
Nochmals mein Punkt: Ich investiere in eine Branche, weil ich an deren Potenzial glaube, also z.B. Telekommunikation. Jetzt wirft mir eine dieser Firmen (SCMN) jedes Jahr eine Menge Geld nach. Was soll ich jetzt damit? In die Konkurrenz oder in die Pharma investieren? Statt das Geld aus der Firma zu werfen, könnten sie beispielsweise über eine entsprechende Tarif- und Marketingpolitik Marktanteile gewinnen, ev. sogar einen Konkurrenten umbringen. Höhere Löhne zahlen und so der Konkurrenz die besten Leute aller Stufen abzuwerben.Für mich sind Unternehmen mit hohen Dividenden lahm, phantasielos und wettbewerbsscheu. Die Dividende ist hier offensichtlich die Risikoprämie dafür, dass man sein Geld in derartige Unternehmen steckt.
Letzter Abschnitt ist natürlich leicht übertrieben.
Die Aktienanalyse anhand der von dir erwähnten Kennzahlen würde mich schon noch interessieren. Alle die erwähnten Werte sind reine buchhalterische Arithmetik. Kosten sind hier einfach Kosten. Ob das Geld für den Unterhalt des CEO-Mercedes oder Patentgebühren verwendet wird, kümmert diese Kennzahlen nicht, könnte aber für die Zukunft des Unternehmens entscheidend sein. Wo ist der Marktanteil in diesen Zahlen?
Muss ich bösartig annehmen, dass entsprechend dem Herdentrieb, all die Investoren ihre Ueberlegungen diesen Buchhaltungszahlen entnehmen und entsprechend agieren, mit dem Effekt, dass dann die Kurse sich entsprechend bewegen?
Recht hingegen gebe ich dir, das die Aktienanalyse mit den von mir erwähnten Kennzahlen ein simples Grundrechnen mit Addition, Subtraktion, Multiplikation sowie Division darstellt. Nehmen wir jetzt aber mal an, die Bilanz des von mir analysierten Unternehmens ist korrekt, so sehe ich sehr wohl, unter welchem Posten der neue Mercedes des CEO eingetragen wurde, das wäre dann nämlich unter Betriebskosten; Untergruppe Firmenflotte, steuerlich auch anders zu behandeln, als die Patentgebühren, diese hingegen kommen in die Rubrik Betriebsausgaben; Untergruppe Lizenzgebühren, welche abzugsfähig sind, sie werden aber bei der Gewerbesteuer zu einem Viertel wieder dem Gewerbeertrag hinzugerechnet, also zu „nur“ einem bestimmten Umfang mit Gewerbesteuer belastet.
Deinen Einwänden und Erfahrungen entnehmend, bin ich mir aber bewusst auf was du hinaus willst! Wir als Aktienanalysten können anhand den uns zur Verfügung stehenden Zahlen „nur“ feststellen, ob eine Aktie günstig oder teuer ist, wie viel Wert ein Unternehmen hat, wie effizient es wächst und wie lange es geht, bis wir unser eingesetztes Kapital, bei etwa gleichbleibenden Bilanzen zurückerhalten.
Was die Börse dann aus diesen Überlegungen macht, sprich die Investoren, beruht nicht mehr auf nackten Zahlen, sondern auf den von dir angesprochenen Herdentrieb, welcher sich in Angst und Gier widerspiegelt.