Da ich den Link nicht mehr finde, stelle ich den ganzen Text hier rein.
[SIZE= px]Von Andreas Ullmann[/SIZE]
[SIZE= px]Emotionen bei der Geldanlage verstehen – was Anleger unbewusst bewegt.[/SIZE]
[SIZE= px]Der bewegte Mensch[/SIZE]
„Emotion“, dieses Wort kommt aus dem lateinischen „ex“ = heraus und „motio“ = Bewegung. Emotionen sind also Gefühle, die uns Menschen „bewegen“. Sie können sowohl physische als auch psychische Veränderungen bei uns auslösen und beeinflussen manchmal bewusst, meistens jedoch unbewusst unser Verhalten.
Das wir Emotionen beim Thema „Geld“ nicht abschalten können, liegt auf der Hand und in der Natur der Sache. Denn.. unser Gehirn kennt „Geld“ nicht! Woher sollte es auch.
Der Mensch hat sich im Laufe von 2-3 Millionen Jahren Evolution entwickelt, davon waren wir in 99,8% der Zeit als Jäger und Sammler unterwegs. Erst der Ackerbau und die Viehzucht vor rund 10.000 Jahren führten zur Sesshaftigkeit und dem, was wir heute als Zivilisation bezeichnen. Das erste Papiergeld wurde hingegen erst vor rund 990 Jahren (im Jahr 1024 n.Chr.) in China von der Song-Dynastie ausgegeben. Die erste geregelte Börse wurde sogar erst vor rund 480 Jahren (1531 in Antwerpen) gegründet. Unser Gehirn hatte also gar keine Chance in der „kurzen Zeit“ ein Areal zu bilden, das uns hilft, mit Geld umzugehen bzw. „reich“ zu werden.
Neueste Erkenntnisse aus dem Bereich der „Neurofinance“, einer Wissenschaft die sich mit den aktiven Gehirnfunktionen bei Anlageentscheidungen beschäftigt, haben gezeigt:
„Entscheidungen die Geld betreffen werden in Hirnregionen getroffen, die für die Triebbefriedigung zuständig sind!“ (Quelle: „Neuro Finance“ v. Prof. Dr. Christian E. Elger)
Als unsere Vorfahren in Gestalt des „Homo Rudolfensis“ erstmals vor rund 2,5 Mio. Jahren in Südafrika auftauchten, hatten sie sicher auch andere Probleme, als sich eine erfolgreiche Anlagestrategie auszudenken. Es ging vielmehr um das nackte Überleben. Es gab weder Gesetze, noch eine Polizei die deren Umsetzung sichergestellt hätte. Dafür gab es Säbelzahntiger und zahlreiche andere hungrige Zeitgenossen, die in Ermangelung von Zäunen oder Hausmauern nicht davon abgehalten werden konnten, unsere ziemlich wehrlosen Stammesbrüder für eine Mahlzeit zu besuchen.
Leider war Feuer um diese Tiere abzuwehren noch nicht auf Abruf verfügbar. Das Gehirn des Homo Rudolfensis hatte nur etwa 1/3 der Größe unserer Denkorgane. Auf die Idee mit dem Feuer zu spielen kam erst „Homo Erectus“ (der aufrecht gehende Mensch) etwa 1,7 Mio. Jahre später. Vor 250.000 Jahren schließlich betrat der „Homo Sapiens“, der einsichtige, weise Mensch die Bühne dieser Welt und schickt sich seither an, die Welt an sich anzupassen und nicht umgekehrt wie es die Evolution vorgesehen hatte.
Das Gehirn war also darauf ausgelegt, unser Überleben in dieser feindlichen Umgebung zu sichern. Und dafür hat sich Mutter Natur auch so Einiges einfallen lassen.
Der Mensch – das Herdentier
„Gemeinsam mehr erreichen.“ – „In der Gemeinschaft sind wir stark.“ – „Einer für Alle, Alle für einen.“ usw. Diese Philosophien und Werbebotschaften haben durchaus etwas Wahres an sich, denn die einzige Chance für unsere Vorfahren zu überleben, war der Zusammenhalt, sprich ihre Herde!
Der Mensch ist nichts anderes als ein hochentwickeltes Säugetier das in Herden lebt und… „In der Herde passt man aufeinander auf“, wie Sid das Faultier in dem bekannten Film „Ice Age“ so treffend bemerkte. Nur wie funktioniert das eigentlich, dass individuell denkende Wesen so etwas wie Zusammenhalt entwickeln?
Ganz einfach.. mit „Empathie“ (Einfühlungsvermögen) und „Sympathie“ (Mitgefühl)! Die Natur hat uns Emotionen gegeben, damit wir uns in die Mitglieder unserer Herde hinein versetzen können. Damit wir „spüren“, wenn es ihnen schlecht geht und ihnen zu Hilfe eilen, wen sie in Gefahr sind. Ein Mensch ist uns übrigens dann „sympathisch“, wenn wir das Gefühl haben, ihm Vertrauen zu können, wenn unser Unterbewusstsein glaubt, er kommt uns zu Hilfe wenn wir ihn brauchen.
Mit diesem „Mechanismus“ sind wir übrigens nicht allein. Alle höher entwickelten Säugetiere, die in Herden leben, haben Emotionen. Denken Sie nur an Wale, Rehe oder des Menschen besten Freund, den Hund, der ja vom Wolf abstammt. Sie Alle leben in „Herden“ und manche bleiben ein Leben lang zusammen, auch ohne Trauschein.
Wie froh können wir sein, dass wir nicht von Insekten oder Amphibien abstammen. Oder haben sie schon einmal eine schwarze Witwe gesehen, die um ihren verblichenen Ehemann weint? Eher nicht. Bei Walen sieht das schon anders aus. Sie folgen einem gestrandeten Artgenossen nicht selten in den Tod oder warten verzweifelt vor der Küste auf dessen Rückkehr.
Die Herde gibt uns also Sicherheit, Geborgenheit, ein „gutes Gefühl“. Dieses gute Gefühl begleitet uns auch heute noch. Es ist fällt uns viel leichter „mit der Welle“ zu schwimmen und die Meinung der Gruppe zu teilen, als innerhalb „der Herde“ eine völlig andere Meinung zu vertreten als alle anderen. Wer schließt sich schon gerne von der Gemeinschaft aus? Wir fühlen uns also tendenziell besser, wenn Menschen die uns nahe stehen, die gleiche Entscheidung treffen wie wir. „Wenn Alle in diese Richtung laufen, kann es nicht so falsch sein“. Wissenschaftler nennen das schlicht den „Herdentrieb“.
Eigentlich eine prima Sache! .. doch leider auch das erste Problem unserer monetären Welt.
Halten Sie sich kurz vor Augen wie die Preisbildung an den Börsen funktioniert. Je höher die Nachfrage, desto höher der Preis und vice versa. Mit anderen Worten.. je mehr Menschen das gleiche Gut kaufen wollen, desto höher steigt der Preis. Da wir aber „Herdentiere“ sind, neigen Anleger dazu, immer dann zu kaufen, wenn alle euphorisch bzw. „heiß“ auf Aktien sind und dann in Panik zu verkaufen, wenn auch alle anderen raus wollen. Wir handeln an der Börse zyklisch, weil uns dieses Verhalten früher gerettet hat. Heute kostet es uns Geld.
Der Herdentrieb führt regelmäßig, seit hunderten von Jahren zu Blasenbildung (Euphorie) an den Börsen und zu Aktiencrashs (Panikverkäufe). Scheinbar können wir unser Verhalten auch nicht so einfach ändern.
In dem Buch „Dieses Mal ist Alles anders – acht Jahrhunderte Finanzkrise“ beweisen die Autoren Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff, dass wir in dieser Sache sehr lernresistent sind. Aber wieso eigentlich? Was bringt uns dazu, immer wieder die gleichen Fehler zu machen und in Gier den „teuren Kursen“ hinterher zu laufen oder in Panik bei „günstigen Kursen“ zu verkaufen?
Wir sind nur der „Pressesprecher“
Wir glauben meist Entscheidungen in Gelddingen (oder in anderen Lebensbereichen) mit unserem rationalen Verstand zu treffen. Doch die Wahrheit dürfte für viele von Ihnen schockierend sein. Tatsächlich nimmt unser Gehirn täglich so viele Informationen auf, dass das Verarbeiten dieser Daten mit dem Bewusstsein viel zu lange dauern würde. Komplexe Handlungen wie Auto zu fahren oder Tennis zu spielen würde völlig unmöglich werden. Um zu verstehen von welchen Datenmengen wir hier reden, ein Beispiel:
Ein mp3-Player liefert 128.000 Bit/s an Daten. Ein DSL Anschluss satte 6.000.000 Bit/s und ein HD-TV Fernseher sogar 24.000.000 Bit/s. Unser Bewusstsein, dass was wir als Ratio bezeichnen, kann aber nur mickrige 60 Bit/s verarbeiten!
Man könnte auch sagen, wir leben in einer digitalen Welt, denken aber immer noch analog. Aber keine Angst, es gibt Hoffnung! Unser Unterbewusstsein schafft immerhin erträgliche 12.000.000 Bit/s. Damit dürfte auch klar sein, wie viel wir wirklich bewusst entscheiden.
Der Nobelpreisträger Daniel Kahnemann hat herausgefunden, dass Menschen täglich ca. 40. Mio Entscheidungen unbewusst treffen und nur ca. 11 – in Worten elf – Entscheidungen bewusst. Das sind 0,0000275% (!)Anteil bewusster Entscheidungen.
Die Natur hat mit dem menschlichen Gehirn ein unglaublich effektives System erschaffen. Information die unsere Sinnesorgane wahrnehmen werden zuerst sortiert, nach Relevanz gefiltert und vom Unterbewusstsein nach festen Regeln „abgearbeitet“. Das Gehirn verfügt über 100 Milliarden (!) Nervenzellen, von denen jede mit mindestens 1.000 anderen Zellen verbunden ist. Dadurch entstehen rund 100 Billionen (!) Synapsen und alle Informationen können in maximal 4 Schritten jede dieser Synapsen erreichen.
Würden Sie die Nervenbahnen unseres Gehirns aufwickeln, ergäbe sich ein Strang mit einer Länge von 5,8 Millionen Kilometern. Das ist der 145-fache Umfang unserer Erde. Dabei ist unser Gehirn effizienter als jeder Hochleistungscomputer.
Durch die systematische Arbeitsweise kann es 10 hoch 15 Rechenoperationen pro Sekunde durchführen und verbraucht dabei gerade einmal 20 Watt Energie. Zum Vergleich… ein Computer würde bei gleicher Rechenleistung 1.200.000 Megawatt benötigen! Leider ist es bei unserem Verstand wie bei jedem Computer… der User entscheidet über Sinn oder Unsinn der Nutzung.
Um Entscheidungen zu treffen greift unser Unterbewusstsein auf zwei Systeme zurück. Das Gedächtnissystem und das sogenannten Belohnungssystem.
Das Gedächtnissystem. Es enthält alle Erfahrungen und „Programme“ die unsere Spiegelneuronen gespeichert haben. Also das, was unsere Eltern uns an Wissen mitgegeben haben und die „Glaubenssätze“ die wir uns durch Erfahrungen im Laufe unseres Lebens angeeignet haben. Ein Glaubenssatz könnte z.B. sein… „Aktien sind riskant.“ Steckt dieser Glaubenssatz einmal in uns, ist es schwer ihn wieder los zu werden. Er löst bei einer Investitionsentscheidung bei der es um Aktien geht, automatisch ein „schlechtes Bauchgefühl“ aus. Unabhängig von den Chancen oder Risiken einer rationalen Betrachtung.
Das Belohnungssystem. Es ist der wahre Herrscher über unsere Emotionen. Von uhrzeitlichen Anforderungen geprägt, steuert das Belohnungssystem die Hormone, die unsere Stimmung und unser Verhalten maßgeblich beeinflussen. Dieser Bereich unseres Gehirns wird am meisten in seiner (Aus-)Wirkung auf unsere Entscheidungen unterschätzt, denn unser Bewusstsein hat keinen Einfluss darauf.
Unser Bewusstsein ist also nur „der Pressesprecher“, der wie in der Politik zwar nicht an der Entscheidung selbst beteiligt war, aber anschließend für die Öffentlichkeit eine gute Begründung findet, weshalb sie so getroffen wurde.
Macht uns mehr Geld glücklicher?
Wir orientieren uns stark an unserer Herde. Auch beim Thema Geld. Wie stark zeigt ein Experiment aus der Anlegerpsychologie „Behavioral Finance“.
Eine Gruppe Angestellter wurde befragt, wie sehr sie sich auf einer Skala von 1-10 freuen würden (wobei 10 Euphorie ist), wenn Sie morgen von ihrem Chef 500€ monatlich mehr Gehalt bekommen würden. Die meisten der Probanden gaben einen Wert zwischen 7 und 9 an. Jetzt sollten Sie sich vorstellen, dass ein Kollege den sie nicht leiden können, weil er sehr faul und intrigant ist, am gleichen Tag 1.000€ Gehaltserhöhung bekommen hat. Was glauben Sie, wie hoch wurde die empfundene Freude jetzt noch bewertet? Deutlich niedriger.. es wurden nur noch Werte zwischen 0 und 4 angegeben.
„Mehr Geld macht glücklicher. Aber nur bis zu dem Punkt, an dem unsere Grundbedürfnisse befriedigt sind! Danach entscheidet über unser Glück, ob die Personen in unserem Umfeld relativ zu uns mehr oder weniger Geld haben.“ (Quelle: „Satisfaction – Warum nur Neues uns glücklich macht“ v. Gregory Berns)
Oder etwas weniger wissenschaftlich und eher philosophisch ausgedrückt:
„Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“ Dalei Lama
Dieser Effekt ist einer der Hauptgründe für Blasen an den Börsen. Denken Sie kurz zurück an die Zeit des Neuen Marktes. Praktisch jede Hausfrau, jeder Taxifahrer und natürlich auch Ihre Kollegen haben plötzlich über Aktien gesprochen, von deren Geschäftsfeld sie vorher nie etwas gehört hatten. Gebührenpflichtige Börsenhotlines schossen wie Pilze aus dem Boden und die sogenannten „Fachzeitschriften“ waren gespickt mit „heißen Tipps“ um schnell reich zu werden.
Wenn um Sie herum alle davon erzählen, wie viel Geld sie (gefühlt risikolos) in kürzester Zeit am Neuen Markt verdient haben und Sie (auch gefühlt) der Einzige sind, der noch nicht investiert ist, was denken Sie dann wohl? Genau.. Ich will auch!
Es kam wie es kommen musste. Sobald auch der letzte Privatanleger am Neuen Markt gekauft hatte, gab es keinen mehr, der noch kaufen konnte und dann.. fielen die Kurse.
Wenn man die Emotionen der Anleger in diesen Phasen der Euphorie oder Panik beobachtet, gewinnt man fast den Eindruck, Angst und Gier sind eine „ansteckende Krankheit“ die plötzlich alle erfasst und wie ein Virus am Markt um sich greift. Aber wie überträgt sich dieser „Virus“ eigentlich?
Unsere geheimen Gefühlssensoren
Bevor Menschen der Sprache mächtig wurden, was durch die Kehlkopfveränderung in der Zeit von vor 300.000 – 100.000 Jahren gewesen sein dürfte, konnten sie sich nur durch nonverbale, „intuitive“ Kommunikation miteinander verständigen. Körpersprache war hier das Mittel der Wahl von Mutter Natur. Sie gab uns „Sensoren“ mit, die uns befähigen, aus der Körpersprache unseres Gegenübers (Gestik und Mimik) intuitiv zu spüren, was er denkt und was er fühlt. Sie sorgten z.B. auch dafür, dass wenn Gefahr für die Herde drohte, die „Angst“ sich schnell verbreitete und damit jedem die Gefahr schnell bewusst wurde.
Das Geheimnis hinter diesen „Sensoren“ wurde erst 1995 von dem italienischen Neuro-Wissenschaftler Giacomo Rizzolatti von der Universität in Parma bei Versuchen mit Affen entdeckt. Er untersuchte, welche Nervenzellen beim Affen aktiv wurden, wenn dieser nach einer Nuß griff. Die Sensation war.. die gleichen Nervenzellen feuerten plötzlich auch Signale, wenn der Affe nur sah, dass ein anderer Affe nach einer Nuß griff. Nach eingehender Untersuchung dieses Phänomens stellte sich heraus, dass unser Gehirn lernt, in dem es „Kopien“ von Handlungen abspeichert. Ist eine Handlung erst einmal in einer Nervenzelle (Neurone) gespeichert und wir sehen diese bei einem Artgenossen, „simuliert“ unser Gehirn diese Handlung und spielt sie im Unterbewusstsein wie einen Film ab. Der Begriff der „Spiegelneurone“ war geboren.
„Spiegelnervenzellen sind Simulatoren für das, was andere tun.“ (Quelle: „Warum ich fühle, was Du fühlst – intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneuronen“ von Joachim Bauer)
Eltern kennen diesen Effekt von Babys. Was machen Eltern wenn sie ihr Kind füttern wollen? Richtig! Sie öffnen selbst intuitiv den Mund dabei und das Kind macht es nach. Es lernt durch Beobachtung, ein Leben lang, auch als Erwachsener. Mit etwa 3 Jahren kann das Baby dann auch etwas beobachten, ohne es direkt nachzumachen. Wenn eine Bewegung schon abgespeichert ist, feuern die Spiegelneuronen zwar noch, aber leiten keine motorischen Signale weiter. Sie simulieren den wahrgenommenen Prozess also nur noch..
Spiegelnervenzellen simulieren aber nicht nur den rein physischen Vorgang im Gehirn, sondern versetzen uns auch in die Gefühlslage des Anderen. Jeder der sich schon einmal in den Finger geschnitten hat weiß, dass wie schmerzhaft das ist. Was tun wir also automatisch, wenn wir jemand sehen, der sich gerade in den Finger schneidet? Genau.. Wir verziehen das Gesicht, als wenn wir die selbst die Schmerzen spüren würden.
Haben Sie sich noch nie gefragt, weshalb Sie automatisch gähnen müssen, wenn Sie jemand anderen gähnen sehen? Nicht Ihr Schlafmangel, sondern Ihre Spiegelneuronen sind schuld daran! Ihr Unterbewusstsein versetzt Sie selbst in die Lage Ihres müden Gegenübers.
Leider gibt es auch Menschen, die aufgrund einer Krankheit nur eine geringe oder keine Aktivität in den Spiegelneuronen haben. Diese Personen nennt man Autisten. Kennen Sie den Film „Rain Man“? Dustin Hoffmann spielt hier den autistischen Raymond, der zwar keine Beziehungen zu Menschen aufbauen kann, aber ein phänomenales Gedächtnis hat und ein mathematisches Genie ist. Einfachste Handlungen kann er nicht selbst machen und er verträgt auch keinerlei Abweichungen von seinem meist absolut gleichem Tagesablauf, was seinem selbstsüchtigen Bruder (Tom Cruise) alles an Verständnis und Nerven abverlangt.
Tatsächlich haben Autisten häufig eine mathematische Begabung. Der Hintergrund ist einfach... das Gehirn versucht die fehlende soziale Kompetenz mit höherer „Rechenleistung“ auszugleichen. Mit anderen Worten, das Gehirn versucht „zu berechnen“ wie sich der andere Mensch fühlt oder was seine Körpersignale sagen, was extrem schwierig ist.
Spiegelneuronen helfen uns aber nicht nur bei der Kommunikation mit Menschen. Sie helfen unserem Gehirn auch, Prognosen zu treffen, was die Menschen um uns herum als nächstes tun werden. Dabei werden die Körpersignale (Bewegung, Gestik) mit bekannten Mustern im Unterbewusstsein verglichen und eine Wahrscheinlichkeit berechnet, was als nächstes passiert. Ohne diese Funktion könnten wir nicht mal durch eine Menschenmenge am Bahnhof laufen oder eine befahrene Skipiste hinunter brausen ohne ständig mit anderen Menschen zu kollidieren.
Dieses Phänomen hat weitreichende Konsequenzen, denn wir nehmen die Informationen die unser Gehirn aufnimmt und deren Auswirkung auf uns selbst zum Großteil nicht bewusst war. Das Unterbewusstsein verarbeitet diese Sinneswahrnehmungen in Bruchteilen von Sekunden, die Spiegelneuronen färben die Informationen emotional ein und sorgen für die entsprechende physische oder psychische Reaktion. Ob Sie nun wollen oder nicht.
Die Macht der Massen
„Glück ist das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt!“ Albert Schweitzer
Wir würden Herrn Schweitzer gerne Recht geben, doch leider schlägt auch dieses Pendel in zwei Richtungen. Spiegelneuronen funktionieren wie schwingende Stimmgabeln, die die emotionalen „Schwingungen“ unserer Mitmenschen auf uns übertragen. Emotionen sind also tatsächlich „ansteckend“. Waren Sie schon einmal in einem Fußballstadion oder bei einem Konzert? Haben Sie schon einmal Gänsehaut in einer Atmosphäre bekommen, in der viele Menschen im Gleichklang ihrer Emotionen „schwingen“? Dann konnten Sie selbst erleben, dass Ihre Spieleneuronen umso stärker feuerten, je mehr Menschen in diesem Moment die gleiche Stimmung mit Ihnen teilten. Das kann sich sehr gut anfühlen und positiv sein... denken Sie nur an die Fußball-WM 2006 in Deutschland und das „Public viewing“ in den Großstädten. Gänsehaut pur! Es kann aber leider auch ins Negative umschlagen.
Bleiben wir beim Fußball. Mit einem (Einzahl) Hooligan können Sie sich in der Straßenbahn vielleicht vernünftig unterhalten, aber wehe Ihnen stehen 1000 davon vor dem Stadion gegenüber und Sie haben den falschen Schal an. Vergessen Sie Kommunikation, Sie werden keine Zeit haben Argumente vorzubringen.
Der französische Arzt und Völkerkundler Gustav Le Bon war der Erste, der vor über hundert Jahren (1911) in seinem Buch „Psychologie der Massen“ beschrieb, wie wir Menschen in Herden funktionieren und das sich unser Verhalten in der Masse weniger vom Ratio denn mehr von Emotionen gesteuert wird.
„Es ist nicht der Geist, sondern die Dummheit, was sich in den Massen akkumuliert.“ Gustav Le Bon
Sein Werk ist nach wie vor gültig und gehört zur Pflichtlektüre von Psychologen und… wie könnte es anders sein, Politikern. Wie mächtig und teilweise gefährlich Massenpsychologie sein kann, zeigt die Vergangenheit. Das Buch von Gustav Le Bon leistete nicht nur Siegmund Freud gute Dienste, sondern war auch Grundlage für die Reden des Diktators Adolf Hitler und seines Propagandaministers Joseph Goebbels. Was folgte ist traurige Geschichte.
Massenphänomene dieser Art finden sich (sicher mit weniger tragischen Folgen) auch an der Börse. Angst und Gier sind starke Emotionen, die von Anleger zu Anleger weiter gegeben werden, um dann in Euphorie und Panik zu gipfeln, was meist das Ende einer Blase oder Krise einläutet. Allerdings sind es heute keine lokalen Stimmungsübertragungen von Herdenmitglied zu Herdenmitglied mehr .
Die Macht der Medien
Heute wird die Meinung und damit die Stimmung des Volkes maßgeblich durch die Medien bestimmt. Wer die Medien kontrolliert, kontrolliert die Massen!
Das zeigt die Geschichte eines jungen italienischen Staubsaugervertreters, der in seiner Freizeit als Sänger in einem Nachtclub arbeitete. Er gründete 1972 einen kleinen regionalen Fernsehsender, der gerade einmal im Umkreis von 2 km zu sehen war. Bis 1982 schloss er mehrere regionale Sender zu dem ersten landesweiten Fernsehen zusammen. Dann kamen große Verlagshäuser in Italien sowie weitere TV-Stationen in Frankreich, Deutschland und Spanien hinzu.
Im Januar 1994 trat er mit großem Medienaufwand in die Politik ein. Bereits 3 Monate (!) später, war er Ministerpräsident von Italien.
Trotz zahlreicher Skandale wegen Sexpartys mit Prostituierten und minderjährigen Mädchen, sowie über 24 Anklagen wegen Bestechung, Bilanzfälschung, unlauterer Wettbewerb, Meineid und nicht zuletzt Drogenhandel wurde er bis zu seinem Rücktritt im November 2011 insgesamt 3 mal als Ministerpräsident wieder gewählt und stellte 4 mal die Regierung von Italien.
Auch Dank der Medien dürften Sie jetzt wissen um wen es geht.. es ist Silvio Berlusconi, Medienmogul und 7-facher Milliardär.
„Ich fürchte drei feindselige Zeitungen mehr, als hundert Bajonette.“ Napoleon Bonaparte
Eigentlich ist der Medienauftrag ja die reine Information. Die sachliche Beschreibung von Ereignissen und Situationen. Nur das bringt keine Auflagezahlen und davon leben die Medien schließlich. Was der Leser tatsächlich will sind Emotionen und die werden nun mal durch Sensationen und polarisierende, emotionale Berichterstattung ausgelöst.
Nicht umsonst ist die BILD-Zeitung, die meist verkaufte Zeitung Europas. Über 12,5 Mio. Leser frönen täglich den Skandalen und Schicksalen bekannter Persönlichkeiten. Wohl auch wegen seiner „Fachkompetenz“ in diesem Bereich ist Dieter Bohlen einer der Hausautoren. Dennoch ist es schwer „bekennende“ Leser dieses Blattes zu finden, denn mit „Bildung“ hat die BILD sicher nur das Wort gemeinsam.
Die Berichterstattung wird auch im Bereich der Wirtschafts- und Finanznachrichten immer emotionaler und nimmt damit maßgeblich Einfluss auf die Gefühlswelt der Anleger. Wer zur Hochphase der Dotcom-Blase oder vor der Finanzkrise die Zeitungen aufgeschlagen hat, konnte daher nicht selten euphorische Artikel zur Börsenwelt lesen:
„10.000 Mark Monatsrente – mit Aktien kann es klappen!“ (Quelle: Bild-Zeitung im Januar 2000)
„Ein Lehrer fragt: Warum soll ich noch arbeiten, am Neuen Markt verdiene ich doch viel mehr?!“ (Quelle: Bild-Zeitung im März 2000)
„Wir sind sicher! – Die Börse steigt weiter“ (Quelle: Focus-Money im Juni 2007)
„Dax steigt bis 2010!“ (Quelle: Focus-Money im Oktober 2007)
Ähnliches las man Beispielsweise auch in „Der Aktionär“, „Börse-Online“ und anderen (zu dieser Zeit sehr beliebten) Fachzeitschriften. Sie waren Ausdruck der „Stimmung“ an den Märkten. Alle wollten Aktien und je euphorischer die Medien berichteten, desto größer wurde der emotionale Wunsch des Kleinanlegers, ein Stück vom Kuchen ab zu bekommen. Wenige Monate später, als keine Käufer mehr am Markt waren, weil Alle schon Aktien hatten, fielen die Kurse wieder und auch hier verstärkten die Medien die Ängste der Anleger und trugen so ihren Teil zu Panikreaktionen bei.
„Börsen-Panik! …und rasiert werden wie immer die Kleinanleger.“ (Quelle: Bild-Zeitung im Oktober 2000)
„Euro wackelt, Börsen taumeln – Hilfe mein Geld!“ (Quelle: Focus-Money im März 2009)
Massen- und Boulevardzeitschriften liefern ein gutes Bild über die Stimmung der breiten Bevölkerung. Sie sind damit ein guter Kontraindikator der zukünftigen Börsenentwicklung! Mit anderen Worten..
„Sei gierig, wenn andere ängstlich sind und sei ängstlich, wenn andere gierig sind.“ Warren Buffet
Tipp: Sollten Sie also das nächste Mal am Zeitschriftenregal der Tankstelle vorbei gehen und auf dem Titelblatt einer „qualifizierten Finanzzeitung“, wie der BILD, etwas extrem Positives oder Negatives über Aktien lesen, wissen Sie ja jetzt, was Sie wirklich tun sollten.
Doch was passiert eigentlich in uns, wenn wir Gewinne oder Verluste erleiden? Wie beeinflussen Angst und Gier unsere Entscheidungen?
Um das zu verstehen müssen wir wieder zurück zu Mutter Natur und unseren frühen Verwandten. Neben den Spiegelneuronen als Sensoren für das Umfeld, hat uns die Natur auch Emotionen mitgegeben um die entsprechenden physischen und psychischen Reaktionen in uns auszulösen. Die Wiege der Emotionen liegt dabei im Gehirn und wird im Wesentlichen von drei Hormonen gesteuert, die für unsere Vorfahren überlebenswichtige Aufgaben erfüllten.
Dopamin für Motivation, Euphorie und Glück
Adrenalin für Kampf oder Flucht
Serotonin für emotionale Ausgeglichenheit, Entspannung und inneren Frieden
Dopamin – Lust Saft und Macho Hormon
Der „Macho“ unter den Hormonen ist das Dopamin, auch Lust- oder Glückshormon genannt. Er ist unser Antriebsstoff, der uns motiviert etwas zu wollen, etwas anzupacken. Er löst ein Gefühl von Freude, Glück und Stärke in uns aus und vor allem.. das Verlangen nach mehr davon!
Früher eine notwendige Eigenschaft, denn Dopamin wird bei „Jagderfolg“ ausgeschüttet. Es ist das „Belohnungshormon“ des Gehirns. Wenn die Krieger der Herde also ein Mammut erlegt hatten, wurden sie von Ihrem Gehirn mit einer ordentlichen Dopamin Ausschüttung belohnt und waren so hoch motiviert, beim nächsten Mal wieder den Kampf mit diesem gefährlichen Gegner aufzunehmen.
Vielleicht ahnen Sie schon, was heute bei Ihnen Dopamin ausschüttet? Richtig.. Gewinne! Jedes Mal wenn Sie am Spieltisch oder an der Börse einen Gewinn machen, belohnt Sie Ihr Gehirn mit dem Glückshormon. Eigentlich keine schlechte Geschichte, wenn da nicht die Nebenwirkungen wären.
Dopamin führt zu Selbstüberschätzung! Der Begriff „Supermannhormon“ kommt nicht von ungefähr. Nicht wenige Anleger, die zwischen 1998 und 2000 am Neuen Markt viel Geld verdient hatten, war sicher auch wegen Dopamin der Meinung, ein besonderes Händchen für Aktien zu haben. Tatsächlich war es praktisch unmöglich zu dieser Zeit und in diesem Markt kein Geld zu verdienen. In den darauffolgenden drei Jahren wurden viele dieser Investoren dann schmerzhaft wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Das größte Problem an Dopamin jedoch ist… es macht süchtig! Was auch der Grund ist, weshalb Spielsüchtige am einarmigen Banditen stetig Münzen einwerfen bis sie pleite sind. Sie wollen einfach immer wieder die berühmten vier Zitronen in einer Reihe sehen und dieses tolle Gefühl der Dopamin Ausschüttung erleben. Jeder kennt den Warnhinweis:
" Glücksspiel kann süchtig machen "
Dennoch ist Dopamin auch für unser heutiges Leben unabdingbar. Ohne Dopamin hätten wir zu absolut nichts Lust, wären Antriebs- und Energielos und würden uns für nichts interessieren. Ein langweiliges Leben wenn Sie mich fragen und auch gefährlich, da man leicht in chronische Depression abrutschen kann. Dann doch lieber ab und zu einen ordentlichen Schub Glückshormon und weiter geht’s mit dem nächsten Thema!
Adrenalin – Kick für den Augenblick
Stellen Sie sich vor, Sie haben gerade mit einigen Jägern Ihrer Herde ein ordentliches Mammut erlegt, sind auf dem Rückweg zu Ihrem Lager und freuen sich (noch vom Dopamin euphorisiert) auf einen ordentlichen Braten (sie gehören also zur Generation nach Homo Erectus und hatten schon Feuer). Plötzlich werden Sie von einem feindlichem Stamm angegriffen, der Ihr Mammut klauen will und …da passiert es!
In Bruchteilen von Sekunden schüttet Ihre Nebenniere Adrenalin aus.. der Herzschlag schnellt nach oben, der Blutdruck erhöht sich, Ihre Bronchien erweitern sich um mehr Sauerstoff zu bekommen, die Fettverbrennung erhöht sich und es wird Glucose ins Blut abgegeben um maximale Energie bereit zu stellen. Ihr Körper ist jetzt auf Höchstleistungen vorbereitet! Sie müssen sich nur noch entscheiden.. Kampf oder schnelle Flucht?
Adrenalin ist ein Stresshormon. Von der Natur für Extremsituationen, die über Leben und Tod entscheiden, geschaffen und von der Nebenniere produziert. Daher stammt auch der Name: aus dem lateinischen von „Ad“ = zu und „ren“ = Niere. Es wurde Ende des 18. Jhd. entdeckt und war damit das erste synthetisch hergestellte Hormon.
Der „Kick für den Augenblick“ kann wörtlich genommen werden. Adrenalin hat eine Abbaurate von 50% innerhalb von 1-3 Minuten im Blut. D.h. in wenigen Minuten ist Alles wieder vorbei.. und das ist auch gut so! Eine hochempfindliche „Maschine“ wie den menschlichen Körper dauerhaft in diesem Hochleistungs-Zustand zu halten würde nicht lange gut gehen.
Die Nebenwirkungen von Adrenalin haben Sie bestimmt schon einmal vor einem wichtigen Termin, einem Rendevouz oder einem Vortrag vor vielen Menschen erlebt. Herzklopfen, starkes schwitzen und ein trockener Mund sind typische Zeichen eines ordentlichen Adrenalinschubes. Flüchten geht heutzutage da meistens nicht.. bleibt also nur der Kampf.
Wann wird Adrenalin wohl ausgeschüttet, wenn es um Geld geht? Genau, bei Verlust! Jemand hat Ihnen etwas weggenommen, Ihr Geld nämlich. Und das lassen Sie sich doch nicht gefallen oder? Sie wollen es sich zurückholen! Also Kampf.
„Der Mensch neigt eher dazu, Schmerz zu vermeiden, als Freude zu gewinnen.“ Sigmund Freud
Hier beginnt die Problematik von Verlusten. Die psychologische Wirkung von Adrenalin ist doppelt so hoch, wie die von Dopamin. Mit anderen Worten.. wir hassen Verluste doppelt so sehr, wie wir Gewinne lieben.
Testen Sie sich selbst. Wenn Sie zwei Aktien hätten, die Beide 100€ beim Kauf gekostet hätten und jetzt bei 80€ bzw. 120€ stehen, welche würden Sie verkaufen wenn Sie Geld brauchen? Studien aus der Behavioral Finance zeigen, dass über 90% der Befragten die Aktie mit Gewinn (120€) verkaufen würden. Die Verlustaktie würden die meisten Probanden behalten, „bis sie wieder im Plus ist“.
Wozu führt das wohl? Exakt… wir neigen dazu, Gewinneraktien zu früh zu verkaufen und behalten Verlustaktien zu lange.
„Verluste führen zu einer selektiven (verzerrten) Wahrnehmung von Chance und Risiko.“ Daniel Kahneman, Psychologe und Nobelpreisträger
Untersuchungen von Börsenhändlern haben gezeigt, dass sie, wenn sie Vormittags Verluste gemacht haben, am Nachmittag deutlich höhere Risikopositionen eingehen als im Durchschnitt. Wir neigen dazu, Verluste „wieder rein holen“ zu wollen und verlieren damit unsere Risikoaversion. Das ist der Grund, weshalb wir oft „schlechtem Geld“ nochmal „gutes Geld“ hinterher werden und bei Minusaktien eher nachkaufen um „zu verbilligen“ als die Reißleine zu ziehen und den Verlust zu begrenzen.
Adrenalin ist also eine gute Lebensversicherung, aber ein sehr schlechter Anlageberater.
Tipp: Wenn Sie Verlustaktien im Depot haben, beantworten Sie sich schnell und ehrlich folgende Frage… „Würde ich, wenn ich den Gegenwert der Aktie Cash auf der Hand hätte, in den gleichen Wert heute neu investieren, ja oder nein?“
Sollten Sie die Frage mit Nein beantworten, verkaufen Sie besser. Der einzige Grund, weshalb Sie die Aktie noch halten, ist Ihre Verlustaversion.
Serotonin – Hängematte für die Seele
Um die Wirkung von Serotonin zu beschreiben, stellen Sie sich am besten einen karibischen Strand vor. Zwei Palmen zwischen denen eine Hängematte sanft in der Meeresbrise hin und her wippt. Sie legen sich entspannt hinein, hören das hypnotische rauschen der Wellen, die auf den weißen, warm Sand gleiten und lassen sich von den Sonnenstrahlen angenehm den Bauch wärmen. Was mehr kann man sich wünschen, außer dass dieser Moment nie endet?
Vielleicht fällt Ihnen ja noch das Eine oder Andere ein.. in jedem Fall schüttet Ihr Gehirn gerade ordentlich Serotonin aus.
Serotonin ist unser „Entspannungshormon“. Es sorgt für emotionale Ausgeglichenheit, innere Ruhe und ein Gefühl der Zufriedenheit. Dabei unterdrückt es erfolgreich Angstgefühle, Aggression, Depression und sogar Hunger. Mit anderen Worten, Serotonin ist Wellness für die Seele.
Wodurch wird Serotonin ausgeschüttet? Nun, eigentlich durch die schönen Dinge des Lebens, als da wären: Sonnenschein, Kohlenhydrate (z.B. Schokolade) und Sex bzw. der erfolgreiche Abschluss desselben.
Allerdings ist der Mythos von der Schokolade als Frustkiller eben das, ein Mythos. Schokolade enthält ca. 1 μ/g Serotonin. Verglichen mit dem Spitzenreiter, der Walnuss, die stolze 300 μ/g Serotonin enthält, ist der antidepressive Effekt des kakaohaltigen Naschwerkes doch eher bescheiden.
Weshalb hat Mutter Natur uns eigentlich dieses tolle Hormon mitgegeben? Hatte Sie nur einen spendablen Moment oder steckt doch mehr dahinter? Nun, ein „soziales“ Zusammenleben, das nur von Angst und Aggressivität geprägt wäre, würde wohl ein schnelles aussterben unserer Spezies bedeuten. Ein urzeitlicher Stammesanführer, der bei jeder Kleinigkeit ausrastet und wild um sich schlägt, trägt sicher nicht zu sozialem Zusammenhalt bei. Serotonin ist der Ausgleich zwischen den Extremen. Es lässt uns locker und entspannt aufeinander zugehen, stärkt das Sozialverhalten, verhindert Selbstmordgedanken (Antidepressiva) und sichert damit ein friedvolles „Über“-Leben.
Was hat das entspannende Serotonin jetzt mit der Geldanlage zu tun? Leider Nichts.. und genau das ist das Problem!
Serotonin wird sowohl von Dopamin, als auch von Adrenalin massiv unterdrückt.
Jedes Mal wenn Sie in Ihr Depot schauen, gibt es zwei Möglichkeiten.. Sie haben Gewinne und schütten Dopamin aus oder Sie haben Verluste und schütten Adrenalin aus. Beides trägt jedoch wie beschrieben nicht gerade zur Entspannung bei. Mehr noch, es führt definitiv zu Fehlentscheidungen!
„Je häufiger ein Anleger seine Anlagen überprüft, desto häufiger ändert er seine ursprüngliche Anlagestrategie und desto schlechter ist sein langfristiger Anlageerfolg.“ (Quelle: „Neuro Finance“ v. Prof. Dr. Christian E. Elger)
Versuche aus der Neuro-Finance haben gezeigt, dass die Erfolgschancen für eine Anlagestrategie bei einer Betrachtungsdauer von 1 Tag bei knapp 50% liegen. Das heißt, wenn Sie täglich in Ihr Depot schauen, werden Sie nicht lange an einer Strategie festhalten. Sie könnten auch gleich eine Münze werfen. Bei einer Betrachtungsdauer von einem Jahr allerdings steigt die Erfolgswahrscheinlichkeit auf über 80%.
Tipp: Halten Sie also einen respektvollen Abstand zum Markt. Strategieveränderungen sind nur nötig, wenn sich fundamental wirklich etwas geändert hat. Was Sie kurzfristig sehen sind nur Schwankungen (Volatilität) KEINE Rendite! Schalten Sie „Störgeräusche“ aus indem Sie nicht häufiger als notwendig Börsennachrichten verfolgen und prüfen Sie, ob sich die Fakten wirklich fundamental verändert haben oder die Medien nur „Panikmache“ betreiben. Im Gegenteil, nutzen Sie extreme Panik um auch mal wieder über antizyklische Käufe nachzudenken. Dann werden Sie entspannter und erfolgreicher investieren als je zuvor.
[SIZE= px]FAZIT[/SIZE]
Falls Sie sich bei den vorangegangenen Zeilen und den gezeigten Verhaltensweisen ab und zu „ertappt“ gefühlt haben, dann sind Sie in bester Gesellschaft. Aktuell teilen knapp sieben Milliarden Individuen auf diesem Planten (inklusive des Autors) Ihre Erfahrungen in Sachen Emotionen. Emotionen sind ein wichtiger Teil von uns Menschen und ohne sie wäre ein
soziales Zusammenleben unmöglich. Mehr noch.. ohne Emotionen wäre unser Leben nicht lebenswert!
Was die Geldanlage betrifft, ist der erste Schritt zum erfolgreichen Umgang mit Emotionen, sich so zu akzeptieren wie man ist! Kämpfen Sie nicht dagegen an, sie würden verlieren. Es ist praktisch unmöglich seine Gefühle von Entscheidungen fern halten zu wollen, denn sie sind ein fester Bestandteil des Prozesses der dabei im Gehirn abläuft.
Wenn Sie das nächste Mal Anlageentscheidungen treffen, lesen Sie sich diese kurzen Tipps nochmal durch:
1. Laufen Sie nicht jedem Modetrend hinterher. Wenn Alle bestimmte Aktien (z.B. Solar, Gold, Immobilien etc.) kaufen ist es meist schon zu teuer! Heben Sie Geld für die „Panikmomente“ auf um günstig einzusteigen. Lesen Sie „reißerische Zeitungsartikel“ als „Kontraindikator“ nicht als Empfehlung.
2. Begrenzen Sie Verluste und lassen Sie Gewinne laufen! Wir neigen dazu, schlechte Aktien zu lange zu halten und Gute zu schnell zu verkaufen. Verluste sollten 20% nicht übersteigen, da Sie sonst überproportional viel Gewinn machen müssen, um wieder „auf Null“ zu sein. Weniger ist besser!
3. Wenn Sie Verlustanlagen haben, stellen Sie sich die Frage „Würde ich die gleiche Anlage für das Geld, was es JETZT Wert ist, HEUTE kaufen oder nicht?“ Ist die Antwort NEIN, verkaufen Sie sofort und realisieren Sie den Verlust.
4. Egal wie viel Verlust Sie gemacht haben… setzen Sie NIE Alles auf eine Karte um es „wieder rein zu holen“! Weg ist weg! Verluste verführen uns, viel höhere Risiken einzugehen, als wir unter normalen Umständen eingehen würden und als Gesund ist.
5. Halten Sie so viel Abstand vom Tagesgeschehen des Marktes wie möglich. Reduzieren Sie „Störgeräusche“! Prüfen Sie Ihre Positionen nur so häufig wie absolut nötig um die fundamentalen Fakten Ihrer Strategie zu prüfen. Je häufiger Sie den Markt und die Nachrichten beobachten, desto schneller werden Sie von den Emotionen der Massen mitgerissen und geraten in Euphorie oder Panik und werfen Ihre ursprüngliche Strategie über den Haufen.
Und natürlich… nutzen Sie Ihre Emotionen nur noch für die wirklich wichtigen Dinge im Leben, für die Mutter Natur diese auch vorgesehen hat...
Für die Menschen die Sie lieben… Ihre Herde!
Alles Gute dabei wünscht Ihnen
Ihr
Andreas Ullmann