Der Goldstandard wurde aufgegeben weil er nicht funktioniert.
Da kommt es darauf an, was Du als "funktioniert" betrachtest:Betrachten wir mal die Unterschiede zwischen Goldstandard und Fiat-Money und die jeweiligen Vor- und Nachteile.
Kreditvergabe
Unter einem Goldstandard nur kann Sparkapital als Kredit vergeben werden. Beispiel: 1000 Leute sparen jeweils Fr. 500.- und diese halbe Million kann jemandem als Hypothek für sein Haus vergeben werden.
Unter Fiat-Money kann die Hyp auch dann vergeben werden, wenn es zu wenig Sparkapital gibt. Die Bank muss lediglich 2.5% der Summe verfügbar haben. Sie übergibt den Hypothekarvertrag an die zentralbank und die stellt die halbe Million auf Knopfdruck zur Verfügung. Die Geldmenge ist jetzt um diese 500'000 gewachsen.
Boom/Bust
Nehmen wir an, eine neue Technologie wird erfunden (z.B. Breitband-Internet ende der 1990er.) und es gibt sehr viele Firmen, die in diesem Bereich tätig werden wollen und nach Kapital streben:
Goldstandard: Da die Geldmenge begrenzt ist, wird nur ein kleiner Teil jener 190 Firmen, die 1997 nach Venture-Kapital nachsucht einen Kredit bekommen. Nämlich nur jene, die einen guten Business-Plan und seriöse Technologie vorweisen können. Vielleicht (Phantasiezahl) 40 von 190 Firmen.
Fiat-Money: Alle 190 Firmen bekommen eine Chance, also Geld. Sie schaffen Arbeitsplätze, die Mitarbeiter konsumieren, bauen Häuser, der Wirtschaftsboom ist weitaus höher als im Parallelbeispiel des Goldstandards, wo nur 40 Firmen das Geld bekommen.
Wie wir heute wissen, haben von jenen 190 im silikon Valley neu gegründeten Firmen, die sich 1997 dem Breitband-Internet verschrieben haben, nur 12 überlebt.
Es gibt also einen Boom/Bust Zyklus: Beim Fiat-Money einen weitaus grösseren Boom (real 190 neue Unternehmen) als im Goldstandard (angenommene 40 Unternehmen) aber entsprechend auch einen grösseren Bust: (von 190 auf 12 versus 40 auf 12).
Ob Du jetzt die Variante Grosser Boom/Grosser Bust oder die Variante Kleiner Boom/Kleiner Bust bevorzugst, weiss ich nicht. Hier auf das Forum bezogen wären z.B. Turbo eher für die erste Variante mit hoher Volatilität, Karat eher für die zweite, konservativere Variante mit geringerer Vola.
Es lässt sich also keine allgemeingültige Aussage treffen, was besser ist.
Handelsbilanz
Unter einem Goldstandard gibt es grundsätzlich kein Handelsdefizit. Punkt.
Dieser Satz ist falsch, also relativiere ich ihn:
Angenommen, Land A liefert mehr Waren nach Land B als es von dort empfängt. Land A hat also einen Handelsüberschuss, Land B ein Handelsdefizit.
Unter einem Goldstandard müsste nun Land B am Ende des Jahres sein Defizit mit physischem Gold bezahlen. Es fliesst also Gold von B nach A. Land A wird somit reicher, Land B wird ärmer.
Das entspricht soweit der Norm, die jeder nicht-Politiker, nicht-Ökonom und nicht-Banker akzeptieren kann: Wenn ich mehr ausgebe als ich produziere, dann geht es mir schlechter.
Unter einem Goldstandard passiert nun folgendes:
In Land A ist netto Gold geflossen. Somit kann die Geldmenge erhöht werden. Die Menschen haben produktiv und gut gearbeitet und einen Überschuss erwirtschaftet, der nun ruhigen Gewissens verkonsumiert werden darf. Durch die Erhöhung der Geldmenge entsteht aber Teuerung auf Binnenprodukten.
In Land B ist Sparen angesagt. Die Geldmenge sinkt, die Preise fallen. Land B muss nun alles daran setzen, im nächsten Jahr eine ausgeglichene Handelsbilanz zu erzeugen, denn irgendwann geht ihm sonst das Gold aus.
Die Teuerung in Land A verteuert dessen Produkte. Sie werden weniger konkurrenzfähig.
In Land B hingegen helfen die gesunkenen Preise und es wird konkurrenzfähiger.
Im Idealfall hat also Land B im nächsten Jahr einen Handelsüberschuss gegenüber Land A.
Somit gleichen sich die Handelsbilanzen innerhalb von etwa drei Jahren immer aus.
In einem Fiat-Money-System gibt es dieses Regelsystem nicht. Da kann ein Land auch 10, 20 oder 30 Jahre lang ein Handelsdefizit generieren. Sprich: Auf Pump leben.
Die Ungleichgewichte zwischen Schuldner-Staaten (USA) und Gläubiger-Staaten (China) divergieren in einem Fiat-money-System also weitaus stärker als es unter einem Goldstandard möglich wäre.
Der Goldstandard zwingt ein Land also dazu, nicht mehr auszugeben als es selbst produziert hat. Genau so, wie das ja für jeden Privathaushalt und jedes Unternehmen auf diesem Planeten gilt.
Ob das jetzt von Vorteil ist, dass jeder gezwungen wird, nur so viel auszugeben, wie er selbst produziert oder ob es sinnvoller ist, Schulden und Vermögen divergieren zu lassen, ist wiederum eine Frage, wie Du das persönlich beurteilst.
Kriege
Kriege sind hochgradig inflationär!
Kriege sind heutzutage nicht gewinnbringend. Sie beanspruchen Ressourcen, ohne einen entsprechenden Gegenwert zu liefern.
Das war bei den Römern noch anders: Damals dienten Kriege dazu, Ressourcen der eroberten Länder zu aquirieren. Wenn es dem Centurio gelingt, mit Kosten von 100 Unzen Gold ein Land zu erobern, das 150 Unzen einbringt, dann lohnt der Feldzug.
Im Ersten Weltkrieg, Zweiten Weltkrieg oder Vietnam-Krieg galten diese Überlegungen aber nicht mehr.
Im Wk.1 hat Grossbritannien derart hohe Schulden aufgebaut, dass das britische Gold dafür nicht ausreichte. Entsprechend musste GB zwangsläufig den Goldstandard aussetzen. Andernfalls hätten die Gläubiger das ganze Gold kassiert. Das bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass der Goldstandard gescheitert ist. Hätte es keinen Krieg gegeben oder hätte die BoE nach Ende des Krieges das Pfund gegenüber Gold abgewertet, hätte alles wunderbar weiter funktioniert.
Im Wk. 2 haben die USA wegen des Krieges Schulden in Höhe von weit über 100% GDP aufgebaut. Im Gegensatz zu GB 30 Jahre früher konnten sie allerdings diese Schulden bezahlen. Schon alleine deshalb, weil die USA ab 1945 das einzige Land war, das noch eine funktionierende Industrie und Infrastruktur hatte. Es konnten also US-Produkte locker nach GB, D, F, etc. exportiert werden.
Der Vietnam-Krieg war dann schlussendlich das Killerkriterium für den Dollar-Goldstandard. Zum einen waren US-Produkte nicht mehr so gefragt wie unmittelbar nach WK2. Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Japan hatten mittlerweile ihre Industrie wieder aufgebaut. Konnten sich selbst versorgen und in zunehmendem Masse auch exportieren und die USA konkurrenzieren. Hinzu kam, dass in Deutschland und Japan nach dem Krieg die jeweils neuste Technologie verwendet wurde. Kohleminen oder Stahlproduzenten Jahrgang 1950 waren um einiges effizienter und produktiver als die teilweise alten Werke Jg. 1910, wie sie in den USA oder GB noch in Betrieb waren.
Schlussfolgerungen zum Thema Krieg:
Unter einem Goldstandard kann man sich einen Krieg eigentlich gar nicht leisten. Wenn man dennoch einen führt und sich entsprechend verschuldet, muss man danach entweder seine Währung gegen Gold abwerten oder dem Goldstandard ganz abschwören.
Die Aussage: "Goldstandard ist gescheitert, weil man damit keine Kriege finanzieren kann" halte ich zumindest für fraglich.
1929
Ein häufig angeführtes Argument gegen den Goldstandard ist die Grosse Depression der USA 1929-1937.
Hier muss man sehen, dass die Fed schlicht und ergreifend falsch gehandelt hat!
Goldstandard funktioniert in beide Richtungen: Wenn die Goldmenge abnimmt, muss die Geldmenge entsprechend reduziert werden. Siehe mein Eingangsbeispiel von Land B.
Andererseits muss aber die Geldmenge erhöht werden, wenn die Goldmenge zunimmt!
Genau letzteres hat die Fed verschlafen. Durch das Wirtschaftswachstum der Roaring-Twenties ist viel neues Gold (vor allem aus GB) in die USA geflossen. Die Fed hat es nun aber versäumt, auch die Dollarmenge entsprechend zu erhöhen. Ein tödlicher Fehler! Denn nun gab es zu wenig Geld, Deflation und all die bekannten schrecklichen Auswirkungen.
Mit einem Goldstandard würden wir in einer ewigen Deflation leben
Wenn Du mit "Deflation" sinkende Preise meinst, dann stelle ich Dir mal ganz ketzerisch die Frage, was denn daran so schrecklich wäre, wenn die Preise für Konsumgüter sinken würden!In der Tat ist Deflation die natürliche Folge technologischer Entwicklung: Wenn dank Mähdrescher und Mühle der Preis für ein Brot sinkt, kommt das jedem Menschen zu gute.
Wenn Du als Arbeitnehmer bei konstanten Preisen jedes Jahr 10% mehr verdienst, kannst Du Dir mehr leisten, es geht Dir besser.
Ebenso, wenn bei konstantem Lohn die Preise jedes Jahr dank Produktivitätssteigerung um 10% fallen.
Beides liefert unter dem Strich dasselbe positive Ergebnis. Was also ist so schrecklich an sinkenden Preisen?