7 Milliarden «aus dem Arsch gezogen»Bailout-BetrugInterne Gespräche zweier Spitzenbanker der mit 30 Milliarden Euro geretteten Anglo Irish Bank triefen vor Verachtung gegenüber den Steuerzahlern. Aufnahmen zeigen: Die Banker betrogen ganz bewusst.VONCHRISTIAN BÜTIKOFER24.06.2013Anglo Irish Bank: Interne Telefongespräche zeigen, wie sich die Banker beim Betrügen amüsierten. (Bild: Bloomberg)Der grösste Sargnagel des irischen Staatsbudgets war die Anglo Irish Bank. Anfang 2009 wurde sie während der Bankenkrise verstaatlicht. Die Geldspritzen und Milliardengarantien führten dazu, dass Irlands Budgetdefizit explodierte. Die drohende Staatspleite konnte nur durch die EU abgewendet werden - das Land ist bis heute hoch verschuldet.Die Bank befand sich am Rande des Kollapses, doch sie wurde vorderhand gerettet, für 30 Milliarden Euro, auf Rechnung der Steuerzahler.Nun veröffentlichte die irische Zeitung «Irish Independent» Telefongespräche, die Chefbanker der Anglo Irish Bank im Angesicht der Bankenkrise im September 2008 führten. Der Inhalt dieser Gespräche ist haarsträubend.So sprach der damalige CEO David Drumm nach dem Bailout offen über den «Missbrauch» der Bankgarantie, riet den Kollegen aber, sie sollten sich nicht erwischen lassen. Drumm konnte auch herzhaft kichern, als ein Mitarbeiter anfing die deutsche Hymne zu singen, weil Deutschland Millionen für die irische Bankenrettung locker machte. «Muss mir gleich die Unterwäsche wechseln!»Einer der Banker, John Bowe (Direktor Capital Markets), spricht davon, dass man vom Staat 7 Milliarden Euro verlangte, um die Pleite abzuwenden. Die Banker betrogen die Zentralbank, die Politiker und letztlich die Steuerzahler ganz bewusst.Denn die Anglo-Vertreter wussten die ganze Zeit, dass dieser Betrag nie und nimmer genügen würde. «Wir gaben ihnen (Zentralbankern) einen Vertrag für einen Überbrückungskredit mit der Klausel, wir zahlen es zurück, sobald wir können... was nie passieren wird», meinte John Bowe am Telefon zu seinem Kollegen Peter Fitzgerald, Direktor des Retail Banking. Danach lachen die beiden drauflos. Bowe: «Also, unter der Klausel Rückzahlung sagen wir: Nein!» Wieder grosses Gelächter und dann meinte einer: «Ich muss mir gleich die Unterwäsche wechseln!»«Sie haben die Finger im Topf»Die Anglo-Bosse hatten einen perfiden Plan: Sobald sich der Staat engagiert, gibt es für ihn kein Zurück mehr, immer weitere Milliarden würden fliessen. Peter Fitzgerald fragte seinen Kollegen John Bowe, wie er auf die 7 Milliarden kam. Der lachte nur und meinte: «Nun, Drummer (damals der CEO der Bank David Drumm) würde sagen, ich habe es mir aus dem Arsch gezogen.» («picked it out of my arse»)Weiter meinte Bowe zu seinem Kumpel Fitzgerald: «Würde die Zentralbank die riesige Zahl vorher kennen, könnten sie auf die Idee kommen, dass sie eine Wahl haben. Verstehst Du, was ich meine?» «Sie könnten sagen, die Kosten für die Steuerzahler wären zu hoch. (...) Wenn es gross erscheint, gross genug, um wichtig zu sein, aber nicht zu gross, um alles zu ruinieren, dann, dann denke ich, haben wir eine Chance.» Fitzgerald dazu: «Sicher. Sie haben die Finger im Topf - und das ist der Schlüssel.»So kam es dann auch: Die sieben Milliarden reichten nirgends hin. Die Iren zahlten letztlich für die Anglo Irish Bank 30 Milliarden Euro, im Februar 2013 wurde die Bank endgültig liquidiert.«Fun and Games»Die Aufnahmen gehen in diesem Stil weiter. Es wird gelacht, gewitzelt und man fühlte sich prächtig, sehr gescheit, clever. Der irische Steuerzahler berappte die Zeche.Diese Telefongespräche sind einer der grössten Skandale, die Irland je gesehen hat. «Das Land geht bankrott - und für die Exekutive der Anglo Irish Bank ist das nur Fun and Games (...) Diese Telefongespräche bestätigen einem die schlimmsten Ahnungen, Vorstellungen, Theorien, wie das Land bankrott ging, der schlimmste Albtraum», kommentierte die Zeitung «Irish Independent».