Es scheint, der Laden läuft und die Dividende bleibe auch erhalten. Interview mit Pierre Wauthier:09:39:03 27-04-2012 09:30 INTERVIEW/Zurich-Insurance-CFO: Wachstumschancen in Asien - Attraktive Dividende (Anmerkung der Redaktion: Pierre Wauthier ist französischsprachig aufgewachsen. Das Interview wurde in Deutsch geführt.)Zürich (awp) - Die Versicherungsindustrie ist im laufenden Jahr weiterhin einem schwierigen Marktumfeld ausgesetzt, mit tiefen Zinsen und Unsicherheiten an den Finanzmärkten. Das Geschäft der Zurich Insurance Group sei aber weniger stark von Zinsschwankungen abhängig, als jenes der Konkurrenz, sagte Finanzchef Pierre Wauthier im Gespräch mit AWP. Dennoch geht die Zurich davon aus, dass im aktuellen Umfeld die Eigenkapitalrendite zum operativen Gewinn (BOP) unter dem langfristig anvisierten Ziel von 16% liegen wird. Wachsen will die Gruppe vor allem in den Schwellenländern. Aber auch in den gesättigten Märkten Nordamerikas und Europas sieht Wauthier, der seit rund sieben Monaten als CFO im Amt ist, Wachstumschancen.Interview: Marc KaufmannAWP: Herr Wauthier, die Zurich-Gruppe wird am 10. Mai über die Geschäftsentwicklung im ersten Quartal berichten. Wie sinnvoll ist ein Quartalsausweis für einen Versicherer überhaupt, wenn man bedenkt, dass die Ergebnisse je nach Schadenverlauf oder Entwicklung an den Finanzmärkten grossen Schwankungen ausgesetzt sind?Pierre Wauthier: Im Grundsatz ist das Versicherungsgeschäft, besonders das Lebengeschäft, langfristiger Natur. Dennoch rapportieren wir seit 2003 auf Quartalsbasis, wie das auch die meisten anderen Versicherungen tun. Der Quartalsbericht bringt zusätzliche Informationen und zeigt Trends auf. Für uns ist es wichtig, dass unsere Investoren die Zahlen zum ersten Quartal differenziert betrachten und als Update verstehen.AWP: Zurich hat in den letzten zehn Jahren in jedem Quartal einen Gewinn erzielt. Auch im ersten Quartal des vergangenen Jahres ist dies der Gruppe trotz hoher Kosten aus Naturkatastrophen gelungen. Wie stark ist die Rechnung 2012 von Belastungen aus Katastrophen betroffen?W: Wir mussten bislang noch keine grossen Naturkatastrophen bewältigen. Das Jahr ist diesbezüglich bis jetzt ein sehr gutes für uns.AWP: Im Gegensatz dazu machen tiefe Zinsen der Versicherungsbranche nach wie vor zu schaffen. Wie geht die Zurich damit um?W: Unser Geschäft ist weniger von Zinsschwankungen abhängig, als das bei anderen Versicherungen der Fall ist. Wir haben vor einigen Jahren unsere Strategie entsprechend ausgerichtet. Der überwiegende Teil unserer Einnahmen stammt aus der weniger zinssensitiven Schadenversicherungssparte. Hinzu kommt das Geschäft mit Farmers in den USA, das ebenfalls kaum Zinsrisiken beinhaltet.AWP: Leidet das Lebengeschäft stärker unter den tiefen Zinsen?W: Nicht unbedingt. Die Lebensparte der Zurich stützt sich auf drei Pfeiler: Das traditionelle Lebengeschäft mit Garantieprodukten ist stark von der Zinsentwicklung abhängig, die fondsgebundenen oder Unit-Linked-Produkte und die Produkte zum Schutz vor Sterblichkeitsrisiken beinhalten dagegen ein geringes Zinsrisiko. Unit-Linked- und Mortality-Produkte machen 85% unseres Neugeschäfts im Lebenbereich aus.AWP: Unter den heutigen Marktgegebenheiten dürfte dennoch das vor Jahren gesetzte Ziel, eine Eigenkapitalrendite zum Betriebsgewinn (BOP) von 16% zu erwirtschaften, kaum erreichbar sein. Senken Sie das Ziel?W: Im heutigen Umfeld ist das ein schwierig zu erreichendes Ziel und deshalb haben wir im vergangenen Dezember erklärt, dass wir im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld eine um rund 2 Prozentpunkte tiefere Rendite als realistischer einstufen. Die 16% bleiben aber als strategisches, langfristiges Ziel.AWP: Auf der Kostenseite will die Zurich die Basis aus dem Jahr 2010 bis 2013 um 500 Mio USD senken. Wie kommen Sie damit voran?W: Wir sind auf gutem Weg, dies zu erreichen. Wir machen grosse Fortschritte und haben beispielsweise im Jahr 2011 die direkten Kosten in den gesättigten Märkten Europas und Nordamerikas um 100 Mio USD gesenkt.AWP: Wachstum ist ein wichtiger Faktor in der Strategie der Zurich. Wie will die Gruppe wachsen?W: In den gesättigten Märkten streben wir selektives Wachstum an. Wir sehen etwa bei Lebensversicherungen für Grosskunden, also im Bereich Corporate Life&Pensions, Potential in Europa - vor allem in Grossbritannien. Zudem gibt es in der Schadenversicherungssparte in Nordamerika seit dem vierten Quartal 2011 Anzeichen für gutes Wachstum, sowohl bei Farmers als auch bei Zurich North America. Dort spielen auch Preiserhöhungen zu unseren Gunsten mit.AWP: Der Schwerpunkt der Wachstumsanstrengungen liegt aber in den Schwellenländern. Wie geht die Zurich da vor?W: Die Schwellenländer machen bereits heute rund 20% des gesamten Geschäfts aus. Dieser Anteil wird weiter steigen. Im vergangenen Jahr haben wir in Malaysia zugekauft und sind in Lateinamerika mit der Banco Santander eine wichtige Allianz eingegangen, die uns Zugang zu 36 Mio Kunden verschafft. Die Lebensparte wird von den Investitionen stärker profitieren als der Schadenversicherungsteil. Wir erwarten, dass der Anteil des Leben-Neugeschäfts aus den Schwellenländern von heute 25-30% rasch auf 40-50% klettert.AWP: Wie und wo will die Zurich darüber hinaus wachsen?W: Wir können uns in Asien weiterentwickeln, wenn auch nicht in allen Ländern. Die Wachstumsmöglichkeiten in China oder Indien sind aufgrund regulatorischer Hürden beschränkt. Wie wir wachsen - ob über Akquisitionen, über Partnerschaften oder organisch - hängt ganz vom jeweiligen Markt ab.AWP: Ist die Übernahme des zum Verkauf stehenden Geschäfts von ING Asia ein Thema?W: Zu einzelnen Unternehmen äussern wir uns grundsätzlich nicht. Wir sehen uns am Markt nach möglichen Übernahmeobjekten um. Falls es zu Zukäufen kommt, werden wir gewohnt diszipliniert vorgehen.AWP: Welche Rolle spielt China in den Plänen der Zurich?W: Unsere Strategie in China stützt sich auf zwei Säulen. So halten wir nach dem Teilverkauf und dem IPO nach wie vor 12,5% am Lebensversicherer New China Life. Wir haben die Beteiligung von 20% reduziert, weil es nicht möglich ist, eine Kontrollmehrheit zu erlangen, und weil die Beteiligung als Einzelanlage sehr gross war. Beim Verkauf haben wir einen hohen Kapitalgewinn realisiert.AWP: Und das zweite Standbein?W: Das liegt in der Schadenversicherungssparte, wo wir das Geschäft mit Grossunternehmen weiterentwickeln. Wir sind in verschiedenen chinesischen Grossstädten vertreten. Aufgrund der Regulierung ist es aber in China für uns nicht möglich, Retailprodukte in grossem Umfang zu verkaufen.AWP: Stichwort Regulierung: Wann rechnen Sie in Europa mit der Einführung von Solvency II?W: Wir hoffen, dass die Vorschriften im Jahr 2014 eingeführt werden, damit Klarheit besteht. Als Schweizer Gesellschaft wird unser Europageschäft den Solvenz-II-Regeln unterstellt sein, die Gruppe ist bereits heute dem Swiss Solvency Test (SST) unterstellt.AWP: Was wünschen Sie sich von den Regulatoren?W: Die beiden Systeme sollten möglichst äquivalent ausgestaltet werden. Denn das würde für uns in der Umsetzung vieles vereinfachen, und es würden auch weniger Kosten anfallen.AWP: Ist das SST-Modell der Zurich von der Finma schon genehmigt worden?W: Unser Modell ist provisorisch genehmigt. Es ist ein umfangreiches und sehr kompliziertes Modell. Ausserdem hat die Finma derzeit einen sehr grossen Arbeitsaufwand zu bewältigen. Unsere SST-Daten für 2011 werden wir noch im April einreichen und darüber anlässlich der Quartalsberichterstattung informieren.AWP: Gewährt die Zurich ihren Aktionären trotz tiefer Zinsen und den Wachstumsabsichten auch in Zukunft eine hohe Dividende?W: Wir wollen nachhaltige, attraktive und konkurrenzfähige Dividenden bezahlen. Wie 2011 und 2012 planen wir auch in den nächsten Jahren, die Dividende aus Kapitaleinlagen zu bezahlen.AWP: Nach welchen Kriterien richtet sich die Dividendenausschüttung aus?W: Der Verwaltungsrat berücksichtigt beim Dividendenvorschlag eine Reihe von Faktoren: Zum Beispiel die mittelfristigen Erträge, nachhaltige Ertragschancen, künftige Wachstumserwartungen und -chancen, die Solvabilitätsposition, die Fähigkeit, Einnahmen zu generieren, sowie makroökonomische Faktoren.mk/rt