Wie wir wissen, hat die Popularität des Dollars nichts mit Vertrauen in die grundsolide US-Wirtschafts-, Geld- oder gar Finanzpolitik zu tun. Dafür gibt es auch wenig gute Gründe. Der Dollar ist eine Schicksalsgemeinschaft, deren Mitglieder sich darauf geeinigt haben, das Maul zu halten und niemals dumme Fragen zu stellen.
Die Erfahrung der letzten 10-15 Jahre zeigt, dass es genau so ist, wie Du beschreibst.
Allein, ich zweifle daran, dass es ewig so weiter gehen kann und wird:
Zunächst hängt es an jenen Ländern, die einen Handelsüberschuss mit den USA generieren, ob sie noch weiterhin an den Werterhalt des Dollars glauben. Exportüberschuss bedeutet ja, dass ich mehr Waren exportiere als ich für mein Volk selbst verbrauche. Ich schränke mich - mein Volk - also ein.
Im Gegenzug bekomme ich mehr bedruckte Zettel als ich verbrauche.
Diese bedruckten Zettel - Dollars - sind ein Versprechen der USA, diese jederzeit gegen in den USA produzierte Waren einzutauschen. Die rund 3 Billionen Dollar, die China auf der hohen Kante hat, könnte China also theoretisch jederzeit auf den Tisch legen und sagen: "So, ihr Amis: Nun liefert uns mal dafür Medikamente, Baumwolle, Maschinen oder Agrarland.".
Würde China dies tun, gingen die Preise in den USA wohl schnell durch die Decke. Bzw. der Dollar würde an Kaufkraft verlieren.
Die Alternative am Beispiel Chinas wäre entsprechend, mehr für den Binnenmarkt zu produzieren. Chinesen sorgen für eine bessere Lebensqualität in China anstatt Ressourcen zu exportieren. Wäre daran sooooviel falsch?
Eine der genialsten Analysen, die ich zum aktuellen Konflikt USA-Russland gelesen habe ist dieser hier:
What Does Putin Want?
Das war jetzt eine konkret-krasse Überleitung!
Es ist halt so, dass die Welt zusammenhängt und komplex ist. Vertrauen in den Dollar (oder Währungen allgemein) sind nur ein kleiner Ausschnitt daraus.
Die USA beherrschen mit ihrem Militär die Weltmeere und sorgen somit für einen sicheren Welthandel. Das muss man ihnen hoch anrechnen.
Andererseits beziehen sie dafür Waren aus aller Herren Länder die sie mit billigem Papier bezahlen. Somit kann man wohlwollend diese Waren (aka. Handelsdefizit der USA gg. der Welt) als versteckte Steuern definieren, die die USA der Welt auferlegen.
Der Punkt ist, dass das amerikanische Imperium langsam an seine Grenzen stösst und somit mehr und mehr militärische Mittel einsetzen muss, um seine ständig wachsenden Forderungen durchzusetzen. Dies wiederum spielt der einzigen verbliebenen Gegen-Macht, Russland, in die Hände. Russland ist an Frieden mit Europa und China interessiert und baut innerhalb der BRICS-Welt langsam aber sicher an einer nicht-Dollar-dominierten Alternative zum IWF.
Auch sonst hat Russland global betrachtet relativ gute Karten, denn die aggressive Kriegspolitik der USA wird von den meisten Menschen auf diesem Planeten (Amerikaner eingeschlossen) nicht wirklich gutgeheissen.
Es artet somit in einen Kampf aus zwischen Dollar, Währung, Kapital einerseits und Rohstoffen, Ressourcen andererseits. Ich meine, dass langfristig immer die Ressourcen gewinnen werden.
Vor die Wahl gestellt muss sich Europa - namentlich Deutschland - entscheiden, ob es sich auf die Seite Russlands schlägt mit gesicherter Energieversorgung und Frieden oder auf die Seite der USA, die einen (zu!) aggressiven Ton anschlagen und in Richtung Krieg drängen.
Einen rein konventionellen Krieg zwischen Russland und Europa könnten die USA wie auch die Briten problemlos aus-sitzen. Festland-Europa hingegen ginge in Flammen auf!
Wie auch immer: Die Russen streben nicht (mehr) die Weltherrschaft an. Aber sie akzeptieren auch nicht, wenn im Nachbarland Ukraine eine Nazi-Regierung installiert wird, die als Marionette der USA für Unruhe im Herzen Eurasiens sorgt. Ganz allgemein besteht in der Welt ein gewisser Unmut darüber, dass sich die USA in alle interne Angelegenheiten jeder Nation einmischt und überall eine Regierung nach amerikanischem Muster implementieren will.
Somit kommen die Themen Ukraine, Währungspolitik, Dollar, US-Aussenpolitik, Energiewende, Demographie ... zusammen und bilden gemeinsam ein komplexes System:
Sollten die USA an Macht verlieren, wäre es gut möglich, dass sie unter der Last der eigenen Schulden eine Phase von Depression und internen Unruhen durchlaufen. Entsprechend ist es für die USA wichtig, ihre Macht weiter auszubauen und einen Sieg über Russland (nicht zwingend militärisch) zu erringen. Dieses Ziel können die USA erreichen, wenn sie es schaffen, entweder in der Ukraine das US-freundliche Regime zu erhalten oder die Ukraine in ein Pulverfass à la Afghanistan oder Tschetschenien zu verwandeln mit dem Russland dann für Jahre beschäftigt wäre.
Sollte es demgegenüber Russland gelingen, weitere Freunde zu finden in den rohstoffreichen Ländern Asiens, Afrikas und Südamerikas und sich gemeinsam mit den BRICS vom Dollar zu lösen, könnte es machtpolitisch durchaus wieder auf Augenhöhe mit den USA kommen und wir hätten Frieden in Europa.
Irgendwie ist die Situation also pervers: Uns wurde von klein auf eingebläut, dass die Russen die Bösen und die Amerikaner die Guten sind. Und nun haben wir eine Situation in der für die Russen der Frieden und für die Amerikaner der Krieg die bestmögliche geostrategische Option ist.
Wohlgemerkt: Dabei spreche ich von den Interessen der Machthaber und nicht des Volkes. Die Amerikaner als Menschen sind genau so friedliebend wie die Russen, Europäer oder Asiaten.
Zurück zum Kernthema nach diesem geopolitischen Exkurs:
Nachrichten im Stil von "
Russland und China gründen in Shanghai eine Konkurrenz zum IWF" sollte man unter diesem Aspekt des neuen geopolitischen kalten-Krieges zw. Russland und den USA sehen.
Wenn Amerika seine Vorherrschaft auf den Weltmeeren und seine rund 750 militärischen Stützpunkte ausserhalb der USA aufrecht erhalten will, ist es nach wie vor von "kostenlosen" Warenlieferungen aus der Restwelt, also der Akzeptanz des Dollars, abhängig. Verweigert die Restwelt diesen Tribut mehr und mehr, verliert Amerika zusehends die für die militärische Herrschaft notwendigen Ressourcen und wird sich notgedrungen auf sein Kernland konzentrieren müssen.
Je mehr der Dollar also als Reserve- und Handelswährung ersetzt wird um so schlechter die Möglichkeiten der USA die imperiale Politik fortzusetzen. Und ja, dann könnte es durchaus zu einem Zusammenbruch des Dollars kommen, wenn all die Dollar-Besitzer US-Waren einfordern.
Sollten die USA die Fähigkeit verlieren, die Weltmeere zu kontrollieren, stellt sich die Frage, wie es mit der Sicherheit auf den Weltmeeren dann bestellt sein wird: Werden dann französische, russische und chinesische Fregatten die Piraten von den Küsten Nigerias, Somalias und der Malakka-Strasse jagen, wenn die Amerikaner ausfallen?
Und wenn ja, werden dann Frankreich, Russland, China Tribut (Steuern) verlangen, um die Schifffahrtswege zu sichern? oder bewaffnet sich jedes Schiff individuell oder schliesst sich mit anderen Schiffen in Konvoys zusammen?