Plädoyer für Swiss-Re-Aktien
Es ist eine meiner vielen Regeln, Aktien nicht unmittelbar nach Veröffentlichung einer Mitteilung zu beurteilen, die als kursrelevant gilt. Juristisch so klassifizierte Mitteilungen sind nämlich ironischerweise selten kursrelevant. Sie beeinflussen zwar den Tagesverlauf der Kurse, nicht aber den Trend.
Es gibt eine Population an der Börse, die konsequent auf Tagesnachrichten reagiert. Diese Kreise neigen stark dazu, die Bedeutung der neuesten Nachricht zu überschätzen und andere vorhandene Informationen zu verdrängen. Nach kurzer Zeit sind sie die Verlierer.
Fehlsignale
Ein Beispiel dafür sind Givaudan Namen. Die «kursrelevante» Meldung vom 3. August 2012 enttäuschte. Der Titel schloss gegenüber dem Vortag 3,56% tiefer, während der SMI 0,85% stieg. Seither haben Givaudan 20% zugelegt, der SMI 15,8%, der DJ Stoxx Chemicals 12,1%. Reaktionen auf Tagesnachrichten können einen Trend beschleunigen, nicht aber brechen. Ich gehe mit einem hohen Grad an Zuversicht davon aus, dass überraschend gute Ergebnisse dem vorhandenen Aufwärtstrend der Swiss-Re-Aktien zusätzlichen Schub verleihen werden. Sollten die Ergebnisse hingegen enttäuschen, wird es eine Entwicklung geben wie bei Givaudan beschrieben.
Eine zweite Warnung sei angebracht: die vor der Überschätzung der Bedeutung des eigenen Wissens. In den letzten achtzehn Monaten hat vermeintliches Wissen über eine Erosion des Vertrauens im Finanzsystem allgemein dazu geführt, dass die Kurschancen des Goldes weit über- und die von Bank- und Versicherungsaktien unterschätzt wurden.
Swiss Re haben sich seit der Empfehlung in der Kolumne vom 12. Oktober 2011 58,7% verbessert. Einige Vergleichswerte für diese Periode: SMI +29,4%, DJ Stoxx 600 +20,5%, DJ Stoxx 600 Insurance +29,5%, Gold –2%. Gold führe ich an, weil im Oktober 2011 grosses Misstrauen gegenüber Bank- und Versicherungsaktien herrschte, während dem Gold astronomische Zuwachsraten zugebilligt wurden.Es gibt wohl nichts Wichtigeres an der Börse als zu verstehen, wann man seine Meinung ändern muss
Trendfolgestrategie
Nach der schwachen Entwicklung des Goldpreises und der starken Kursentwicklung des Versicherungssektors höre ich Stimmen, die meinen, es handle sich um eine Art Irrläufer des Marktes. Man solle jetzt umsteigen, etwa von deutlich gestiegenen Aktien wie Swiss Re in Gold. Das halte ich für falsch. Diese Marktphase honoriert Trendmitläufer, nicht Antizykliker. Swiss Re gehören zu denen, die vom herrschenden Trend mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter profitieren.
Die Meinung, die Mehrheit liege immer falsch, ist zynisch und wird von der Geschichte nicht bestätigt. Sie liegt am Ende von Trends falsch. Das Ende von Trends wird durch Brennpunkte markiert. Kein Markt, auch kein Sektor, ist an einem Brennpunkt angelangt.
Alfons Cortes