Die ethischen Tugenden stehen in engem Zusammenhang mit Lust und Schmerz. Die Hinwendung der Menschen zum Schlechten erklärt Aristoteles damit, dass die Menschen die Lust suchen und den Schmerz fürchten. Diese natürliche Verhaltensweise gilt es, durch Erziehung zum Guten zu beeinflussen und zu steuern. Aus diesem Grund rechtfertigt er auch Züchtigungen: „Sie sind eine Art Heilung, und die Heilungen werden naturgemäß durch das Entgegengesetzte vollzogen.“
Doch auch die Ausübung der Tugend ist mit dem Angenehmen und der Lust verbunden. Aristoteles differenziert aufgrund seiner Theorie der Seele zwischen körperlichen und geistigen Lüsten. Die körperlichen Lüste weisen auf Grundbedürfnisse des Menschen hin, sollten jedoch nicht, wie von den Hedonisten praktiziert, über das in diesem Rahmen sinnvolle Maß bedient werden. Geistige Lüste lassen sich mit Tugenden verbinden, wie etwa die Lust der intellektuellen Betätigung im Sinne der Wissenschaft oder ganz allgemein die Lust, Gutes zu tun. In diesem Sinne wird also ein tugendhafter Mensch ein lustvolles Leben führen.