Sie steckt in einer tiefen Krise, die deutsche Solarindustrie. Überkapazitäten und Billigkonkurrenz aus Asien machen den Firmen schwer zu schaffen. Die Liste der pleitegegangenen Unternehmen aus den vergangenen Jahren ist lang, zuletzt kam unter anderem die Freiburger S.A.G. Solarstrom AG dazu. Er gehe davon aus, dass die Zeit von Photovoltaik in Zentraleuropa vorbei sei, sagte Vorstandschef Karl Kuhlmann, als der Insolvenzantrag einging. Sollte die Sanierung dennoch gelingen, rechnet er vor allem mit Wachstum außerhalb Europas.ProduktionsvorteilDoch die Märkte im Ausland sind Fluch und Segen zugleich. Wenn es dort überhaupt Gewinner gebe, dann zählten die Maschinenbauer dazu, sagt Wolfgang Hummel vom Zentrum für Solarmarktforschung in Berlin. "Und zwar deswegen, weil sie ursprünglich halfen, die Fabriken aufzubauen. Diese Technologie - deutsche Maschinenbauspitzentechnologie - die hatten die Chinesen nicht und haben sie auch bis heute nicht." Das spiegele sich im hohen Exportanteil wider, der im Durchschnitt der letzten Jahre bei mindestens 80 Prozent gelegen habe.Unternehmen sollten auf mehrere Standbeine setzen, damit sie Schwankungen am Markt besser ausgleichen können, rät Hummel, der auch Solarunternehmen berät. Ein gutes Beispiel dafür sei die Manz AG aus Reutlingen. Das Unternehmen habe drei Standbeine - "Display", "Solar" und neuerdings auch "Battery". "Dadurch ist Manz in verschiedenen zyklischen Märkten tätig und überlebensfähiger als beispielsweise Centrotherm, die Spezialist sind und angewiesen darauf, dass die Nachfrage im Bereich Fertigung wieder anzieht."Neue WegeDer Anlagenbauer Centrotherm mit Sitz in Blaubeuren (Alb-Donau-Kreis) leidet nach wie vor unter der Flaute am Solarmarkt. Zwar sehe man sich nach einer gelungenen Sanierung wieder mit alter Stärke auf neuem Weg, heißt es im kürzlich veröffentlichten Geschäftsbericht. "Nach wie vor ist die Entwicklung des Centrotherm-Konzerns aber wesentlich von der möglichen Erholung des Photovoltaikmarktes abhängig." Von Deutschland ist im Prognosebericht nicht die Rede. Die Hoffnungen ruhen derzeit auf zwei Großprojekten in Katar und China.Düster sieht es in einer anderen Sparte der Solarbranche aus - im Bereich der Modulhersteller: "Sie leiden weiter unter Preisen, die teilweise unter den deutschen Fertigungskosten liegen", sagt Hummel. "Sie machen nicht zuletzt aufgrund der Überkapazitäten über fast zwei Jahre keinerlei Gewinn mehr. Das ist ein verzögerter Marktausleseprozess." Ähnlich laufe es bei der Sparte der Zulieferer. Wie bei den Modulen gehe inzwischen auch bei den Wechselrichtern die Richtung zur Handelsware.Umgekehrte RichtungBeim Konstanzer Unternehmen Sunways, das sowohl Solarmodule als auch Wechselrichter anbietet, schien aus Asien zunächst Hoffnung zu kommen: 2012 stieg die chinesische LDK Solar ein. Mit der Erwartung, nicht nur Sunways aus der Klemme zu helfen, sondern sich selbst mit dem Erwerb auch ein Fabrikstandbein in Europa zu schaffen. Die Pläne hätten sich aber nur bedingt umsetzen lassen, sagt Hummel. "Die Muttergesellschaft ist nach wie vor hoch verschuldet und ringt wegen ihrer Kreditverpflichtungen mit den Gläubigerbanken. Die Tochter Sunways bleibt daher weitgehend auf sich allein gestellt." Sunways wollte sich auf Nachfrage nicht zu dem Thema äußern.Mehr Erfolgsaussichten gibt es bei den Projekt-Gesellschaften: "Hier sind zwei Gruppen von Akteuren am Markt. Die meisten - und das ist die Kategorie derer, die gute Überlebenschancen haben - bieten als Geschäftsmodell anspruchsvolle Ingenieurleistungen an", sagt der Solarexperte Hummel. "Das sind Leute, die wissen, wie man Solarparks baut und optimal an das Stromnetz koppelt."FinanzierungskettenAllerdings drängten inzwischen auch Modulhersteller in das Projektgeschäft - was wiederum zu viel mehr Wettbewerbsdruck führe: "Die durstenden Tiere versammeln sich alle am Wasserloch." Der Kunde sage nicht mehr: Wer baut mir den Park? Sondern: Ich investiere, aber nur zu meinen Preisvorstellungen und bezahlen möchte ich erst, wenn ich weiterverkauft habe. Während der Bauzeit müsse die Gesellschaft das Geld vorstrecken und eine Sicherheit hinterlegen, sagt Hummel. "Da kommt ein Mittelständler finanziell an seine Grenzen."Beim Freiburger Unternehmen S.A.G. Solarstrom sei diese Kette, die fortlaufend weitergehen müsse, gerissen. Grund für die finanziellen Probleme der AG seien ausgebliebene Geldflüsse in Millionenhöhe von Projekten in Italien, hieß es bei dem Unternehmen. Der Kampf werde gegenwärtig auf dem Feld der Finanzstärke und nicht mehr auf dem Feld des technischen Know-hows ausgetragen, sagt Hummel. (Von Kathrin Streckenbach, dpa)