Dem gibt es nichts hinzuzufügen:
Querschüsse der Bundesbank Weidmanns ärgerliche Widerworte
FTD Leitartikel
Der Bundesbankchef hat das Recht, sich widerborstig zu gebärden. Doch seine ständigen Warnungen, die EZB durfe keine weiteren Staatsanleihen aufkaufen, nerven. Mit Schweigen würde Weidmann Europa einen Dienst erweisen.
Immer dann, wenn Ärger in Johannes Paul XXIII. aufkeimte, sagte er zu sich: "Giovanni, nimm dich nicht so wichtig." Diese Selbstbescheidenheit des Roncalli-Papstes fehlt dem Chef der Bundesbank. Jens Weidmann lässt keine Gelegenheit aus, um in die Welt hinauszuposaunen, dass die EZB einzig der Geldwertstabilität verpflichtet ist, nicht Büttel der Politik sein darf und auch nicht Superman bei der Lösung der Euro-Krise spielen kann. Angela Merkels Ex-Wirtschaftsberater macht das mit einer Impertinenz, die alle Beteiligten zunehmend nervt: EZB-Chef Mario Draghi und viele europäische Regierungschefs, zunehmend aber auch die Kanzlerin und ihren Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Beide sind sich mit Draghi einig, dass alles dafür getan werden muss, um den Euro vor dem Auseinanderbrechen zu schützen. Dagegen kommt von Weidmann die altbekannte Warnung, eine Wiederaufnahme der Anleihenkäufe sei "problematisch" und setze die falschen Anreize. Die Wirkung dieser Widerworte ist stets dieselbe: Die Hoffnung auf einen Befreiungsschlag, die sich kurzzeitig auch an den Kursverläufen der Finanzmärkte ablesen lässt, verfliegt wieder.
Höchste Zeit also, den Chef der Bundesbank ins Gebet zu nehmen. Zwar kann niemand Weidmann den Mund verbieten - schließlich ist die Bundesbank unabhängig und hat das Recht, ihren geldpolitischen Einfluss geltend zu machen. Aber zumindest sollte man ihn dazu bringen, seinen Widerstand nicht ständig so demonstrativ zum Ausdruck zu bringen, dass EZB-Chef Draghi und Staats- und Regierungschefs wie Merkel und Hollande wie Leichtmatrosen aussehen.
Verhindern kann die Bundesbank ein neues Euro-Stützungspaket mithilfe der EZB sowieso nicht. Es wird kommen, die Frage ist nur, wann. Der Bundesregierung wäre es recht, wenn dafür auch der Rettungsschirm ESM zur Verfügung stünde. Dann ließe sich vielleicht ein großes Paket schnüren, wenn auch die EZB ihre Anleihekäufe wieder aufnähme, um Spanien und Italien bessere Zinskonditionen zu ermöglichen. Fraglich ist allerdings, ob die Finanzmärkte so lange stillhalten. Nicht ohne Grund läuft die Euro-Rettungsdiplomatie auch während des Urlaubs von Merkel und Schäuble auf Hochtouren.
Eine kurzfristige Fortsetzung der EZB-Anleihekäufe allein wäre nicht mehr als ein leichter Sommerregen. Schon zweimal sanken die Zinsen vorübergehend, und die Kurse stiegen - was für Investoren ein willkommener Anlass war, ihre riskanten Papiere zu verkaufen. Der nächste Akt der Euro-Rettung aber muss nachhaltiger wirken. Und glaubwürdiger sein.