Eine gute (positive) Grundthese zur Vollgeld-Initiative. Eigentlich ist die Reform (Achtung, ein SVP-Lieblingswort folgt ;-) ) nichts anderes als eine
Durchsetzungsinitiative der Beschlüsse von 1891:
Verstehen die Stimmberechtigten überhaupt, was die Vollgeld-Reform ist? Weber ist überzeugt davon. Die Sache werde von den Gegnern der Initiative komplizierter dargestellt, als sie sei. «Die meisten Leute glauben, nur die Nationalbank würde Geld schöpfen. Sobald dieser Irrtum ausgeräumt ist, versteht man die Vollgeld-Reform leicht», sagt Weber. Es gehe um eine «Sichtbarmachung» des ursprünglichen Zustands, nicht um die Schaffung eines komplizierten neuen Systems.
Das Volksbegehren sei eigentlich eine «Durchsetzungsinitiative». Denn in der Verfassung stehe, dass das Geld- und Währungswesen Sache des Bundes ist.
http://www.nzz.ch/schweiz/mit-gottfried-keller-gegen-finanzblasen-1.18348023
Woher kommt das Geld? Die Antwort von Finanzlaien auf diese Kinderfrage ist falsch, zumindest unvollständig: von der Schweizerischen Nationalbank. Sie hat zwar seit 1891 das Monopol für die Bargeldherstellung. Aber dieses macht nur gerade zehn Prozent des Geldes aus, das in der Schweiz im Umlauf ist. 90 Prozent ist «elektronisches Geld», das von Konto zu Konto wandert. «Geschaffen» wird es von den Banken durch Kreditvergabe, die dafür Kreditzinse bekommen und mit ihrem selbst geschaffenen Geld an die Börse gehen.
http://www.tagblatt.ch/ostschweiz-am-sonntag/thema/Die-Geldmaschine;art304168,3909519
Diese Argumentation stimmt für mich. Doch sehe ich etliche Probleme bei der "international kompatiblen" Umsetzung der Initiative in der heutigen Zeit. Die Schweiz ist keine Insel.
Etwa:
- Würde dann die SNB direkt die Geldmenge steuern?
- Was passiert mit dem jetzigen Leitzinsmechanismus? Wird diese Steuerung weniger wichtig etc.:
https://www.snb.ch/de/iabout/stat/statpub/zidea/id/current_interest_exchange_rates
Zwei Dinge scheinen mir jetzt schon klar:
1. Die (mittleren und grossen) Banken und Versicherungen werden sich mit allen Mitteln gegen diese Initative wehren. Sie haben viel (zukünftige Profitabilität) zu verlieren.
2. Diese Abstimmung wird sehr viele Stimmbürger überfordern (ich meine das nicht arrogant, ich habe mich selbst viele Stunden mit dem Thema befasst und habe immer noch viele offene Fragen zur praktischen Umsetzung in einem kleinen Land wie der Schweiz mit vielen Zahlungsströmen und einer wichtigen Rolle im internationlen Devisenmarkt).
Man muss annehmen, dass die Schweiz (mit Ausnahme von etwa noch Island) auf weiter Flur das einzige Land mit einer Vollgeld-Reform wäre.
Die Initianten behandeln diese Themen zwar in ihren FAQs und schreiben (natürlich) die Umsetzung stelle kein Problem dar. Etwa zur Geldpolitk, dort wird die Rolle der Zentralbanken klein geredet (das ist meiner Meinung falsch):
"Wenn heutzutage Kreditzyklen verstärkt werden, so ist dies nicht wegen der Kreditvergabe der Banken, sondern wegen einer verfehlten Geldpolitik der Zentralbanken."
Für dieses Argument gibt es keine Belege. Da die Banken bis zu 90 Prozent des Geldes (alles im Umlauf befindliche Buch- oder Giralgeld) herstellen und nicht die Zentralbanken, sind auch die Banken in erster Linie dafür verantwortlich.
Die Zentralbanken haben aber oft eine Mitverantwortung. Zum Beispiel förderte unter Alan Greenspan die FED in den USA eine übermässige Geldherstellung der Banken anstatt darauf hinzuwirken, dass diese massvoll bleibt. Auch die EZB und die SNB waren im Vorfeld der Finanzkrise 2008 nicht sichtbar aktiv, diese im Vorfeld zu verhindern.
Aber seit der Finanzkrise 2008 sind die Zentralbanken mit Schadensbegrenzung und Feuerwehr-einsätzen beschäftigt. Damit es zu keinen Bankenpleiten und keiner Rezession kommt wurden die Leitzinssätze nahe Null gesetzt, die Schweizerische Nationalbank legte den Wechselkurs des Franken auf 1,20 fest, etc.. Damit verhinderten die Zentralbanken einen negativen, depressiven Kreditzyklus und den Zusammenbruch des Bankensystems.
Meiner Meinung haben die Zentralbanken nach wie vor einen grossen Einfluss - obwohl sie "nur" ca. 10% der Geldmenge kontrollieren.
Die direkt betroffene Institution SNB andererseits schweigt zum Thema. Die einzigen bisherigen Gegenstimmen zur Initiative kommen von der Bank-Lobby via Wirtschaftsprofessoren:
http://www.nzz.ch/wirtschaft/die-voll-leergeld-reform-1.18310205
Edit: Hier die Replik (PDF) der Vollgeld-Initianten auf diesen kritischen NZZ-Artikel:
http://www.vollgeld-initiative.ch/fa/img/Texte_Dokumente_deutsch/2014_04_02_Leere_Kritik_von_Avenir_Suisse_an_Vollgeld-Initiative.pdf
In diesem Sinne freue ich mich über mehr Aufklärung im Abstimmungskampf.
Leider werden die anspruchsvollen Argumente dann wie meistens bei Volksabstimmungen untergehen. Ich erwarte plakative Sprüche der Gegner ohne dass auf die Argumente der Initiative im Detail eingegangen wird (Der NZZ-Artikel lieferte schon erste Hinweise dazu mit vielen emotional geladenen Worthülsen).