Euro Krise

Ich nehme Bezug auf einen Blog-Artikel mit obigem Titel

http://blog.tagesanzeiger.ch/nevermindthemarkets/index.php/6644/die-liebesaffare-der-borsen-mit-mario-draghi/

Verfasser: Mark Dittli, Chefredaktor der Zeitung «Finanz und Wirtschaft»

Schauen wir uns die "Longer Term Refinancing Operation"-Aktion (LTRO) etwas genauer an: Am 8. Dezember 2011 kündigte Draghi das Programm an. Er erklärte, die europäischen Banken dürften zur Linderung ihrer Liquiditätsnot – diese hatte in den Herbstmonaten einige Grossbanken gefährlich nahe an den Kollaps getrieben – Geld von der EZB mit einer Laufzeit von drei Jahren zu einem Zinssatz von 1 Prozent ausleihen. ..... In der ersten LTRO-Aktion vom 21. Dezember gewährte die EZB Kredite in der Höhe von 489 Milliarden Euro.
Folgen1.

Schon wenige Tage später begann sich das Stressniveau an den Finanzmärkten Europas zu senken. Die Kurse der Obligationen der Problemstaaten Italien und Spanien begannen zu steigen und die Zinsen, die die beiden Länder auf neu ausgegebenen Anleihen bezahlen mussten, sanken.
2.
Die Renditedifferenz zwischen den Staatsanleihen Deutschlands und Frankreichs – also dem «harten» und dem «weichen» Kern der Währungsunion – begann zu schrumpfen
3.
der Interbankenmarkt entspannte sich, abzulesen etwa am so genannten Euribor-OIS-Spread, der die Zinsdifferenz zwischen unbesicherten und besicherten Ausleihungen zwischen Banken zeigt.
4.
Die Aktienmärkte wiederum nahmen die abnehmende Absturzgefahr in der Eurozone dankend zum Anlass, zu ihrer Rally anzusetzen. Der 9. Januar war hier der Scheidepunkt: Exakt am selben Tag, als die Zinsen der Problemstaaten Italien und Spanien nachhaltig zu sinken begannen, gab es für die Aktienkurse der Grossbanken kein Halten mehr.
Er schreibt dann weiter:
Unter näherer Betrachtung wird klar, was genau die Banken mit einem Grossteil der erhaltenen 489 Milliarden Euro gemacht haben: Sie haben Anleihen der Problemstaaten, insbesondere Italiens, Spaniens und Frankreichs, gekauft. Wieso das? Nun, angenommen, Sie sind der Direktor einer italienischen Grossbank. Sie erhalten von Ihrer Zentralbank Geld für drei Jahre zu einem Zinssatz von 1 Prozent. Gleichzeitig rentieren dreijährige Anleihen ihres Heimatstaates mehr als 6 Prozent. Man braucht kein Genie zu sein, um in dieser Zinsdifferenz eine Einladung zu einem nahezu risikofreien Geschäft zu sehen. Ich borge mir eine Milliarde von der EZB zu 1 Prozent, kaufe damit italienische Staatsanleihen zu 6 Prozent und streiche fünfzig Millionen Euro Gewinn ein. Die Banken konnten die gekauften Staatsanleihen zudem gleich an die EZB weiterreichen – als Pfand (Collateral) für weitere Kredite.
Was ich nun nicht verstehe in obigem Beispiel: Der Direktor bekommt also zuerst Milliarden von der EZB ohne collaterals. Dann beschaft er sich mit diesem Geld Staatsanleihen und holt mit diesen als Pfand weitere Milliarden, mit denen er dann wiederum Staatsanleihen kauft, diese als Pfand für weitere Kredite einsetzt usw.

Mit den erwähnten Zinsdifferenzen eine Geldschöpfungsmaschine ohne Ende. Oder seh ich da was völlig falsch. Sind da irgendwie Bremsen eingebaut?

Am Schluss meint der Autor:

Die Frage, was genau Ende 2014 und Anfang 2015 geschehen soll, wenn die Banken ihr LTRO-Geld zurückzahlen müssen, bereitet heute noch niemandem schlaflose Nächte
Nun, wenn die Banken den obig beschriebenen Mechanismus schnell genug laufen lassen können und von einem Teil der Zinsen CDS's kaufen ist das Ganze doch ein gutes Geschäft. Erinnert mich halt doch irgendwie wieder an die alte Geschixhte vom Touristen, dem Hotel, der Prostituierten, dem Metzger (oder so ähnlich) etc.
 
Was ich nun nicht verstehe in obigem Beispiel: Der Direktor bekommt also zuerst Milliarden von der EZB ohne collaterals. Dann beschaft er sich mit diesem Geld Staatsanleihen und holt mit diesen als Pfand weitere Milliarden, mit denen er dann wiederum Staatsanleihen kauft, diese als Pfand für weitere Kredite einsetzt usw.Mit den erwähnten Zinsdifferenzen eine Geldschöpfungsmaschine ohne Ende. Oder seh ich da was völlig falsch. Sind da irgendwie Bremsen eingebaut?
Der Teilsatz "ohne collateral" ist nicht ganz richtig: In der EU müssen 2% vorhanden sein.Sprich: Mit €20 Mio als Deckung holst Du Dir eine Milliarde an Kredit, kaufst dafür Staatsanleihen und kannst diese Milliarde jetzt als als Collateral hinterlegen und Dir weitere 50 Mrd. als Kredit "gönnen". Jetzt hast Du Staatsanleihen für 50 Mrd, kassierst darauf 3 Mrd. Zins und zahlst 500 Mio. Zins. Kein schlechtes Investment, wenn man von ursprünglichen 20 Mrd. ausgeht, die Du haben musst ;)
Am Schluss meint der Autor:

Die Frage, was genau Ende 2014 und Anfang 2015 geschehen soll, wenn die Banken ihr LTRO-Geld zurückzahlen müssen, bereitet heute noch niemandem schlaflose Nächte
Nun, wenn die Banken den obig beschriebenen Mechanismus schnell genug laufen lassen können und von einem Teil der Zinsen CDS's kaufen ist das Ganze doch ein gutes Geschäft. Erinnert mich halt doch irgendwie wieder an die alte Geschixhte vom Touristen, dem Hotel, der Prostituierten, dem Metzger (oder so ähnlich) etc.
Für die Banken ist es natürlich ein gutes Geschäft. Das ist ja der Grund, weshalb Fed, BoE, EZB und SNB diese Geld-Generatoren für die Banken entwickelt haben: Nur aus dem einen Grund, den angeschlagenen Banken, die sich bis 2008 gnadenlos verspekuliert haben, eine billige Einkunfts-Möglichkeit zu schaffen.Jetzt darfst Du raten, wer für diese Zinsgewinne der Banken die Zinsen erwirtschaften darf! :roll: Oder wie es Kojak hier vor 2 Tagen sinngemäss formuliert hat: "Die Staaten retten die Banken und die geben dann Kredite an die Staaten, die sie gerettet haben und kassieren dafür Zinsen."
 
@MF: Besten Dank für die wie immer ausführliche Antwort. Du hast u.a. geschrieben:

Mit €20 Mio als Deckung holst Du Dir eine Milliarde an Kredit, kaufst dafür Staatsanleihen und kannst diese Milliarde jetzt als als Collateral hinterlegen und Dir weitere 50 Mrd. als Kredit "gönnen".
Will ja nicht pingeling sein, aber geh ich recht in der Annahme, dass dieses "merry-go-round" begrenzt ist durch den Gesamtbetrag von 489 Mia. der ersten Tranche. Wäre dies dann letztlich die von mir angesprochene Bremse. Ich gehe immer davon aus, dass die Banker unbeschränkt Geld holen ("verdienen" zu sagen wäre wohl ein Affront gegenüber allen die arbeiten), wenn es keine "caps" oder andere Bremsen gibt.
 
geh ich recht in der Annahme, dass dieses "merry-go-round" begrenzt ist durch den Gesamtbetrag von 489 Mia. der ersten Tranche.
Ja, das ist richtig. Wobei ich mal behaupte, dass es nicht bei dieser Tranche bleiben wird.Aber in der Rechnung gibt es noch ein anderes Problem: Schlussendlich hat meine Beispielbank Staatsanleihen im Wert von 50 Mrd, die durch 20 Mio gedeckt sind. Mal angenommen, es gibt bei den Staatsanleihen einen Schuldenschnitt: Wie hoch dürfte der maximal sein, dass die Bank nicht Probleme bekommt?Nun 20 Mio sind 0.0004% von 50 Mrd. Entsprechend dürfte der Schuldenschnitt diese 0.4-Tausendstel Prozent nicht übersteigen. Sind die Anleihen nun Portugiesische und es gibt einen Schuldenschnitt von 10% (im ersten Anlauf), dann ist die Bank schneller finanziell unter Wasser als Du "EFSF" sagen kannst ;)
 
Hier ein lustiger Vergleich:

5-year-cds-v-males-living-at-home.jpg


Mamma Mia :lol:

 
Schon wieder Schäuble:Vielleicht ging es Europa ja besser, wenn alle mehr Sudoku spielen würden statt ... aber seht selbst:Wolfgang Schäuble spielt Sudoku im Bundestag 27.02.2012

 
Als ob es der Griechischen Wirtschaft nicht schon genug beschissen geht, müssen die Armen auch noch am meisten fürs Benzin zahlen:

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Portugal dürfte von der absoluten Grösse wie Griechenland noch einige Probleme bieten, aber "lösbar" sein mit vielen Milliarden aus EZB etc.

Das grosse Problem sehe ich (nebst Griechenland, die nur für einige Monate/Jahre Zeit gewonnen haben und dann wieder Richtlinien/Konvergenzkriterien nicht erfüllen werden...) in Spanien. Besonders weil Spanien im Gegensatz zu Italien noch stärker von ausländischen Gläubigern abhängig ist in Relation zur einheimischen Sparquote.

Ein guter Artikel dazu:

Oft wird argumentiert, Spanien sei nicht wirklich gefährdet, weil die Staatsschulden weniger als 70 Prozent des Bruttoinlandproduktes ausmachen. Leider greift dieses Argument zu kurz. Viel zu kurz. Spanien besitzt alle Ingredienzen für einen toxischen Cocktail: einen überschuldeten Privatsektor, ein marodes Bankensystem, einen aufgeblähten Immobilienmarkt, der noch einen grossen Abwertungsschub vor sich hat, ein chronisch hohes Leistungsbilanzdefizit und eine schwache internationale Wettbewerbsfähigkeit.

...

Zu Beginn dieses (zugegebenermassen mittlerweile recht langen) Textes haben wir erwähnt, dass ein Grossteil der spanischen Schulden in der Hand ausländischer Gläubiger liegt. Für diese Gläubiger dürften die kommenden Jahre unschön werden. Dank den Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich wissen wir auch grob, wo diese Gläubiger sitzen: 51 Milliarden Dollar an spanischen Schulden liegen demnach in Grossbritannien, 187 Milliarden in den USA, 224 Milliarden in Frankreich und 244 Milliarden Dollar in – surprise, surprise! – Deutschland. Ob Frau Merkel sich dessen bewusst ist?
http://blog.tagesanzeiger.ch/nevermindt ... n-spanien/
Wenn ich wetten müsste, wo die grosse EUR-Krise wieder aufflackert ist es Spanien (mit Nachbar Portugal als eventuellem "Katalysator").

 
So viele verschiedene Wirtschaftsideologien und Lagen unter einen Hut zu bringen. Das braucht seine Zeit. Ich selber bin zwar froh, dass ich in Schweizer Franken meine Rechnungen bezahlen kann aber bitte doch alle Kritiker um etwas Verständniss.

 
Mittlerweile ist wahrscheinlich jedem klar, dass wir genau das richtige gemacht haben als wir nicht der E.U. beigetreten sind. Ich würde gerne die Logik hinter der deutschen Politik sehen. Ich kann nicht verstehen wie man sein eigenes Land verkümmern lassen kann um eine Politik zu unterstützen die ein Land in den Ruin getrieben hat. Ich sehe die Situation vielleicht etwas oberflächlich und weiss nicht die genauen Details. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass die Gelder nicht bei denen ankommen werden die sie wirklich brauchen.

 
Mittlerweile ist wahrscheinlich jedem klar, dass wir genau das richtige gemacht haben als wir nicht der E.U. beigetreten sind.
Jawoll und genau das falsche, als die CH nicht dem EWR beigetreten ist :banana: Ich bin nicht für den EU-Beitritt, obwohl er wohl unumgänglich sei wird, SOFERN die EU überlebt......ABER:Ich gehe davon aus, dass die meisten der Politiker und sonstiger selbst ernannte "Landesverteidiger", welche damals gegen den EWR-Beitritt waren, heute sehr genau wissen, dass sie dem Land einen Bärendienst erwiesen haben. Denn damit hätte die CH (einmal mehr) "den Baze und's Weggli" erwischt. Aber man kann halt nicht immer den Joker gewinnen, besonders wenn man so kurzsichtige Politiker hat wie diese von damals..... :kopfwand: Ich bin überzeugt, dass wir wesentlich weniger Probleme mit "nachrichtenlose Vermögen" oder "Steuerflucht" hätten, wäre die Schweiz im EWR dabei. Und auch sonstigen Ärger wie z.B. mit Gaddafi wäre leichter aus der Welt geschafft worden. Tja, wir wollten ja lieber den eigenen Weg. Auch wenn er härter, schmerzvoller und teurer wird. :danke: :evil:
 
Mal sehen wie sich das alles entwickelt. Der Zusammenschluss war eigentlich eine gute Idee. Es gibt einfach meiner Meinung nach jede Menge Ungereimtheiten, die ich nicht verstehe. Wie ist es möglich so viel Geld nach Griechenland zu schicken. Zu einer Regierung die das Land über Jahre runtergewirtschaftet hat. Das ist leider nur eines von vielen Beispielen die mich aufhorchen lässt.