[SIZE= px]Mogelpackung Festhypothek[/SIZE]
Falsche Sicherheit: [COLOR= #008040]
Zinsen können selbst bei lang laufenden Festhypotheken steigen[/COLOR]
Das Kleingedruckte von Banken und Versicherungen lässt Zinserhöhungen oft auch bei Festhypotheken zu. Postfinance krebst jetzt aber zurück.
Die Banken müssen ab September 2013 bei privaten Hypotheken mehr Kapital hinterlegen. Das hat der Bundesrat diese Woche entschieden. Die Aktivierung dieses «Kapitalpuffers» verteuert Neuabschlüsse von Hypotheken.
Ungemach kann aber auch jenen 85% Hausbesitzern drohen, die lang laufende Festhypotheken besitzen. Das hat jüngst der Fall der Postfinance (NZZaS 27. 1. 13) gezeigt, die sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vorbehalten hatte, Festhypotheken gar zu kündigen, falls sich die Darlehenskosten der Bank wegen regulatorischer Eingriffe verteuerten. Diese Woche krebste Postfinance allerdings zurück und teilte den Kunden schriftlich mit, dass man den Passus «mit sofortiger Wirkung nicht mehr» anwende. Vertrauen und Kundenzufriedenheit seien Postfinance wichtig, heisst es in dem Kundenbrief.
Kunden anderer Banken müssen genauso auf der Hut sein: Einige Institute kennen in den AGB oder im Rahmenvertrag zur Hypothek Klauseln, die Zinserhöhungen vorsehen, falls der Regulator neue Vorschriften macht. So heisst es bei der Credit Suisse: «Sofern die derzeit geltenden Eigenmittelanforderungen durch behördliche Massnahmen oder gesetzliche Vorschriften erhöht werden, ist die Bank berechtigt, im Umfang der dadurch entstehenden Kreditmehrkosten den jeweiligen Zinssatz zu erhöhen.» Die Klausel stamme aus dem Jahr 2004, präzisiert ein CS-Sprecher, und sei bis jetzt noch nie angewandt worden. Ob dies auch nach Aktivierung des «Kapitalpuffers» so bleibe, könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Bei der UBS und bei der ZKB gelten entsprechende Bestimmungen seit kurzem nur noch für Hypotheken von Unternehmen, jedoch nicht mehr für Privathypotheken.
Gestrichen haben die zwei Banken die entsprechenden Klauseln für Privatkunden wegen einer Gesetzesänderung, die Mitte 2012 in Kraft getreten ist. Es handelt sich um Artikel 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (Artikel 8 UWG). Er schützt Konsumenten neu vor missbräuchlichen Bestimmungen im Kleingedruckten von Konsumverträgen. Für Thomas Koller, Professor für Privatrecht an der Universität Bern, fallen Verträge für Hypotheken auf Privatliegenschaften ohne Zweifel darunter. Eine Gerichtspraxis dazu gibt es aber noch nicht. Janine Jakob, Leiterin Gesundheit und Recht beim Konsumentenschutz, sagt allerdings: «Ich denke nicht, dass es Banken im Lichte des revidierten Artikels 8 UWG wagen werden, die Verträge einseitig anzupassen.»
Wer eine Hypothek nicht mehr bei einer Bank abschliessen will, kann bei Versicherungen nachfragen. Diese haben jüngst mit konkurrenzfähigen Angeboten auf sich aufmerksam gemacht. Zudem sind Versicherungen vom Kapitalpuffer, den der Bundesrat diese Woche den Banken aufgebrummt hat, nicht betroffen. Unter den sechs günstigsten Anbietern von Festhypotheken mit einer Laufzeit von 10 Jahren finden sich derzeit vier Versicherungen. Bei den 15-jährigen Hypotheken stehen zwei Versicherer an der Spitze. Allerdings: Das Kleingedruckte bei Versicherungen hat es genauso in sich wie jenes bei den Banken. Für die Swiss Life sagt Sprecher Dajan Roman zwar: «Die AGB für Swiss-Life-Hypotheken enthalten keine Zinsanpassungsmöglichkeit.» Allerdings könne eine im Hypotheken-Rahmenvertrag mit dem Kunden gesondert vereinbart werden.
Bei der Axa Winterthur bestätigt Sprecherin Nicole Horbelt diese Praxis. In den Axa-Verträgen findet sich folgende Klausel: «Die Gläubigerin kann Kreditmehrkosten, welche auf behördliche oder gesetzliche Massnahmen zurückzuführen sind, auf den Schuldner überwälzen.» Eine Umsetzung dieser Klausel ist laut Horbelt aber «nach aktuellem Stand» nicht geplant. Hausbesitzer mit Festhypotheken tun gut daran, sich in Bälde über das Kleingedruckte ihrer Hypothekarverträge zu beugen.
Quelle: NZZ am Sonntag