Vorwort
Wir hatten im CF in den letzten Wochen in diversen Threads interessante Inputs und Diskussionen zum Thema eines Dritten Weltkrieges in Europa.
Leider sind diese Postings auf diverse Threads verteilt, und keiner jener Threads ist für sich alleine geeignet, dieses weitgefasste Thema der Geopolitik abzudecken. Das gilt hier analog, obschon das Thema 3. Weltkrieg hier noch nicht zur Sprache gekommen ist.
Ich eröffne deshalb diesen Thread um das Thema Geopolitik, USA vs. Russland, Ukraine als zündender Funke, die Rolle Europas, die Rolle des Dollars in der Welt, Finanzkrise ... um all diese Themen rund um Geopolitik in einen Guss zu bringen.
Ich werde mich in diesem ersten Posting mit zwei Fragen beschäftigen:
1. Sind die USA interessiert an einem Krieg in Europa?
2. Was könnten die wahrscheinlichsten Auslöser für einen Krieg sein?
Als Ausgangspunkt für die weiteren Betrachtungen die Karte der NATO:
1. Sind die USA interessiert an einem Krieg in Europa?
In einem viel beachteten Vortrag vom 4. Februar 2015 [1]. hat George Friedman, Gründer und Vorsitzender des renomierten Think-Tanks stratfor (= Abk. für Strategic Forcast) die Rolle der USA als vorherrschende Weltmacht beschrieben und wie die USA ihre Vormachtsstellung weiter ausbauen können.
Der Kernpunkt des Vortrags ist die Feststellung: "Das einzige, was dem US-Imperium gefährlich werden könnte ist ein Zusammenschluss von Deutschland und Russland. Deutsche Technologie und Kapital gepaart mit russischen Ressourcen und Arbeitskraft jagt den USA seit über 100 Jahren Angst ein."
Entsprechend haben die USA seit 1871 [2] alles daran gesetzt, um einen politischen Keil zw. Deutschland und Russland zu treiben. Offenbar mit Erfolg, wie der Erste und Zweite Weltkrieg zeigen.
Dass Ex-Bundeskanzler Gerd Schröder ein bekennender Putin-Freund ist, dürfte entsprechend in Washington einige rote Lichter zum Leuchten gebracht haben.
Als Lösung schlägt Friedman vor, die Politik Reagans von 1980 zu übernehmen. Friedman wörtlich: "Er [Reagan] unterstützte beide Kriegsseiten, sodass sie gegeneinander kämpften (Iran-Irak-Krieg 1980-88) und nicht gegen uns. Das war zynisch, nicht moralisch aber es funktionierte". (Im Video ab 4:39)
Die Schlussfolgerung jener, die mit einem Krieg rechnen lautet entsprechend: "Die USA würden lieber Europa brennen sehen als einen Zusammenschluss zwischen Deutschland und Russland".
2. Was könnten die wahrscheinlichsten Auslöser für einen Krieg sein?
Kurze Antwort: Ein Beitritt der Ukraine in die NATO.
Artikel 5 der NATO besagt, dass wenn ein Nato-Land angegriffen wird, alle Nato-Länder angegriffen werden und somit der Bündnisfall eintritt. Die gesamte Nato hätte dann das angegriffene Land militärisch zu unterstützen und wäre somit automatisch im Krieg mit dem Angreifer.
Somit könnte jedes Scharmützel in der Ost-Ukraine an dem russische Truppen beteiligt sind zu einem Krieg Nato-Russland führen.
Meine persönliche Meinung
Ich teile die Prämisse aus Frage 1 nicht, dass die USA an einem Krieg in Europa interessiert sind. Es klingt aus europäischer Sicht vielleicht überheblich aber die USA sind von Europa genau so abhängig wie umgekehrt. Zumindest wirtschaftlich profitieren die USA von einem starken und gesunden Europa. Wir wollen nicht vergessen, dass die USA aus genau diesem Grund nach dem 2. Weltkrieg Europa beim Wiederaufbau geholfen haben. Sogar dem ehemaligen Feind Deutschland. Ich kann mir also beim besten Willen nicht vorstellen, dass die USA dies auf einen Schlag aufs Spiel setzen wollten.
Weiterhin würde bei einem brennenden Europa auch die Vormachtstellung der USA ins Wanken geraten, denn ausser Europa, GB, Kanada, Japan und Australien haben die USA nicht sehr viele bedingungslose und starke Alliierte. Zyniker könnten allerdings entgegenhalten, dass die USA nach einem Krieg am Wiederaufbau Europas stark profitieren würden.
Der dritte Punkt, der gegen einen Krieg spricht ist der, dass die USA nicht garantieren können, dass es bei einem konventionellen Krieg bleibt, den sie selbst (und evtl. auch GB) aussitzen könnten. Bei einem Atomkrieg wären sie selbst auch betroffen.
Und schliesslich viertens: In einem konventionellen Krieg würde Russland gewinnen. Es würde sich die Ukraine einverleiben und die NATO wäre zerstört. Russland ginge also als Sieger hervor.
Interessen der USA
Die USA sind aus den oben genannten Gründen bestrebt, den Keil zwischen Deutschland und Russland zu festigen. Am besten geht das geografisch (s. obenstehende Nato-Karte) indem die baltischen Staaten, Polen und Rumänien aufgerüstet werden. Gemäss Friedman wird derzeit (halb-offiziell) auch die Ukraine von den USA aufgerüstet.
Die Ukraine als Nato-Staat würde den Gürtel um Russland enger schnallen, die eigene Position festigen.
Zwar haben die USA die Krim an Russland verloren aber unter dem Strich war die Ukraine für die USA bisher ein Erfolgserlebnis: Der Maidan-Putsch mit anschliessendem Einsetzen einer pro-amerikanischen Regierung in Kiev hat gerade mal 5 Mrd. Dollar gekostet. Ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass ukrainische Öl-und Gasvorkommen in die Hände von Chevron, Shell und ExxonMobile gefallen sind. Inklusive Fracking-Rechten. [3]
Interessen Russlands
Russland ist in der Zwickmühle: Wenn die ukrainische Armee Dörfer und Städte in der Ost-Ukraine bombardiert und die dort ansässigen russisch-Ukrainer Russland um Hilfe anflehen hat Putin zwei Möglichkeiten:
Er kann die Hilferufe ignorieren und sich bei seinem eigenen Volk unbeliebt machen.
Oder er kann mit Militär in der Ostukraine intervenieren, die Ukrainer zurückdrängen, wird aber entsprechend vom Westen als Aggressor geächtet.
Die beste Lösung für Putin besteht deshalb darin, auf diplomatischem Wege für Frieden in der Ost-Ukraine zu sorgen, sodass er gar nicht vor die Wahl gestellt ist, militärisch zu intervenieren oder nicht.
Interessen der Ukraine
Dem ukrainischen Volk dürfte mittlerweile klar geworden sein, dass es zum Spielball von Washington und Moskau geworden ist. Und ich gehe mal davon aus, dass das denen überhaupt nicht passt.
Die normalen ukrainischen Durchschnittsbürger mit denen ich gesprochen habe, wollen nur ihre Arbeit, einen anständigen Lohn, eine vernünftige Rente von der man leben kann. Sie haben nichts gegen die Russen mit denen sie seit Jahrhunderten gut ausgekommen sind und auch weiterhin gut auskommen.
Warum die ukrainische Armee im Osten einen Bürgerkrieg mit den "russischen Separatisten" führt und dafür Ressourcen verschwendet, die andernorts dringend gebraucht werden, versteht wohl kaum jemand.
Die ukrainische Regierung dürfte wohl an einem Gesamtpaket mit Europa interessiert sein:
Die Ukraine ist abhängig von Russland. Von dort bezieht sie die fehlende Energie, dorthin exportiert sie einen Viertel ihrer Waren (Link zur Ukrainischen Wirtschaft). Die Ukraine darf also Russland nur dann verärgern, wenn sie vom Westen ein vernünftiges Gegenangebot bekommt. Sprich: Die Ukraine exportiert nach Europa statt Russland und bekommt von dort auch die Energie.
Ich könnte mir deshalb gut vorstellen, dass die Ukraine argumentiert: "Ja, wir entsprechen dem Wunsch der Amerikaner und kommen in die Nato. Aber nur, wenn wir auch in die EU und den Euro dürfen."
Hierbei dürfte die Ukraine aber auf Granit beissen, denn genau das widerspricht den ....
Interessen der EU
Die EU hat im Moment genügend eigene Probleme und will sich nicht noch mit der Ukraine ein weiteres "Mega-Griechenland" aufhalsen. Desweiteren entsprechen die Produkte, die die Ukraine anzubieten hat (Link: Ukraine Export) bei weitem nicht westeuropäischem Standard. (Rohstoffe wie Eisenerz und Weizen ausgenommen).
Unter dem Strich würde sich die EU mit einer Integration der Ukraine mehr aufhalsen als sie bringen würde.
Hinzu kommt, dass 24% der rund 44 Mio Ukrainer unter der Armutsschwelle leben und noch so gerne in den Westen Europas auswandern würden. Auch das ist nicht im Interesse der EU.
Die EU - und damit ist in erster Linie Deutschland gemeint - ist im Moment ohnehin hin- und hergerissen.
Militärisch: Der Freund USA rasselt mit dem Säbel und der ehemalige Feind Russland "macht auf Frieden". Die EU ist schon aus Selbsterhaltungstrieb für den Frieden und müsste sich deshalb eigentlich auf die Seite Russlands stellen.
Ökonomisch: Dasselbe Spiel: Die USA verlangen Sanktionen gegen Russland. Diese treffen aber (Stichwort: russische Gaslieferungen) Europa und nicht die USA.
Ukraine: Die Europäer erkennen, dass ein Nato-Beitritt problematisch werden könnte und müssen dementsprechend dagegen sein, um im Falle eines russischen Eingriffs in der Ost-Ukraine nicht Selbstmord begehen zu müssen. Eine offene Stellungnahme dagegen würde jedoch den Bündnispartner USA verärgern. (Und natürlich auch den Vasallen GB).
Alles in allem eine Zwickmühle, die auch George Friedman erkennt (im Video bei 11:32): "Wer mir eine Antwort darauf geben kann, was die Deutschen in dieser Situation tun werden, der kann mir auch sagen, wie die nächsten 20 Jahren Geschichte aussehen werden."
Fussnoten
[1]: Kurzversion des Videos (13 Minuten) mit George Friedman, das alle Wesentlichen Punkte enthält: https://www.youtube.com/watch?v=oaL5wCY99l8
Die Vollversion 1 Std. 12 Min: https://www.youtube.com/watch?v=QeLu_yyz3tc
[2]: Der Krieg 1870/71 war ein Krieg Deutschland-Frankreich, den Deutschland gewonnen hat. Frankreich hat darauf spekuliert, dass sich Österreich auf seine Seite stellen würde um sich für die Niederlage von 1866 zu revanchieren. Aber Österreich blieb neutral bzw. wurde von den Russen in Schach gehalten. Russland wiederum war feindlich gegenüber Frankreich und nach dem Motto "der Feind meines Feindes ist mein Freund" zumindest implizit auf der Seite Deutschlands. 1871 war somit der letzte Zeitpunkt der Geschichte, wo Deutschland mit Russland befreundet war.
Mehr dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-Franz%C3%B6sischer_Krieg
[3]: Mehr zum Thema Einfluss der USA auf die Ukraine seit dem Maidan-Putsch: http://screechingkettle.blogspot.ch/2014/05/the-crisis-in-ukraine-coinci...
P.S.:
Ich empfehle dringend, dass sich jeder Leser das 12 Min Video https://www.youtube.com/watch?v=oaL5wCY99l8 reinzieht.
Bei den Schreibern setze ich das sogar voraus!
Wir hatten im CF in den letzten Wochen in diversen Threads interessante Inputs und Diskussionen zum Thema eines Dritten Weltkrieges in Europa.
Leider sind diese Postings auf diverse Threads verteilt, und keiner jener Threads ist für sich alleine geeignet, dieses weitgefasste Thema der Geopolitik abzudecken. Das gilt hier analog, obschon das Thema 3. Weltkrieg hier noch nicht zur Sprache gekommen ist.
Ich eröffne deshalb diesen Thread um das Thema Geopolitik, USA vs. Russland, Ukraine als zündender Funke, die Rolle Europas, die Rolle des Dollars in der Welt, Finanzkrise ... um all diese Themen rund um Geopolitik in einen Guss zu bringen.
Ich werde mich in diesem ersten Posting mit zwei Fragen beschäftigen:
1. Sind die USA interessiert an einem Krieg in Europa?
2. Was könnten die wahrscheinlichsten Auslöser für einen Krieg sein?
Als Ausgangspunkt für die weiteren Betrachtungen die Karte der NATO:
1. Sind die USA interessiert an einem Krieg in Europa?
In einem viel beachteten Vortrag vom 4. Februar 2015 [1]. hat George Friedman, Gründer und Vorsitzender des renomierten Think-Tanks stratfor (= Abk. für Strategic Forcast) die Rolle der USA als vorherrschende Weltmacht beschrieben und wie die USA ihre Vormachtsstellung weiter ausbauen können.
Der Kernpunkt des Vortrags ist die Feststellung: "Das einzige, was dem US-Imperium gefährlich werden könnte ist ein Zusammenschluss von Deutschland und Russland. Deutsche Technologie und Kapital gepaart mit russischen Ressourcen und Arbeitskraft jagt den USA seit über 100 Jahren Angst ein."
Entsprechend haben die USA seit 1871 [2] alles daran gesetzt, um einen politischen Keil zw. Deutschland und Russland zu treiben. Offenbar mit Erfolg, wie der Erste und Zweite Weltkrieg zeigen.
Dass Ex-Bundeskanzler Gerd Schröder ein bekennender Putin-Freund ist, dürfte entsprechend in Washington einige rote Lichter zum Leuchten gebracht haben.
Als Lösung schlägt Friedman vor, die Politik Reagans von 1980 zu übernehmen. Friedman wörtlich: "Er [Reagan] unterstützte beide Kriegsseiten, sodass sie gegeneinander kämpften (Iran-Irak-Krieg 1980-88) und nicht gegen uns. Das war zynisch, nicht moralisch aber es funktionierte". (Im Video ab 4:39)
Die Schlussfolgerung jener, die mit einem Krieg rechnen lautet entsprechend: "Die USA würden lieber Europa brennen sehen als einen Zusammenschluss zwischen Deutschland und Russland".
2. Was könnten die wahrscheinlichsten Auslöser für einen Krieg sein?
Kurze Antwort: Ein Beitritt der Ukraine in die NATO.
Artikel 5 der NATO besagt, dass wenn ein Nato-Land angegriffen wird, alle Nato-Länder angegriffen werden und somit der Bündnisfall eintritt. Die gesamte Nato hätte dann das angegriffene Land militärisch zu unterstützen und wäre somit automatisch im Krieg mit dem Angreifer.
Somit könnte jedes Scharmützel in der Ost-Ukraine an dem russische Truppen beteiligt sind zu einem Krieg Nato-Russland führen.
Meine persönliche Meinung
Ich teile die Prämisse aus Frage 1 nicht, dass die USA an einem Krieg in Europa interessiert sind. Es klingt aus europäischer Sicht vielleicht überheblich aber die USA sind von Europa genau so abhängig wie umgekehrt. Zumindest wirtschaftlich profitieren die USA von einem starken und gesunden Europa. Wir wollen nicht vergessen, dass die USA aus genau diesem Grund nach dem 2. Weltkrieg Europa beim Wiederaufbau geholfen haben. Sogar dem ehemaligen Feind Deutschland. Ich kann mir also beim besten Willen nicht vorstellen, dass die USA dies auf einen Schlag aufs Spiel setzen wollten.
Weiterhin würde bei einem brennenden Europa auch die Vormachtstellung der USA ins Wanken geraten, denn ausser Europa, GB, Kanada, Japan und Australien haben die USA nicht sehr viele bedingungslose und starke Alliierte. Zyniker könnten allerdings entgegenhalten, dass die USA nach einem Krieg am Wiederaufbau Europas stark profitieren würden.
Der dritte Punkt, der gegen einen Krieg spricht ist der, dass die USA nicht garantieren können, dass es bei einem konventionellen Krieg bleibt, den sie selbst (und evtl. auch GB) aussitzen könnten. Bei einem Atomkrieg wären sie selbst auch betroffen.
Und schliesslich viertens: In einem konventionellen Krieg würde Russland gewinnen. Es würde sich die Ukraine einverleiben und die NATO wäre zerstört. Russland ginge also als Sieger hervor.
Interessen der USA
Die USA sind aus den oben genannten Gründen bestrebt, den Keil zwischen Deutschland und Russland zu festigen. Am besten geht das geografisch (s. obenstehende Nato-Karte) indem die baltischen Staaten, Polen und Rumänien aufgerüstet werden. Gemäss Friedman wird derzeit (halb-offiziell) auch die Ukraine von den USA aufgerüstet.
Die Ukraine als Nato-Staat würde den Gürtel um Russland enger schnallen, die eigene Position festigen.
Zwar haben die USA die Krim an Russland verloren aber unter dem Strich war die Ukraine für die USA bisher ein Erfolgserlebnis: Der Maidan-Putsch mit anschliessendem Einsetzen einer pro-amerikanischen Regierung in Kiev hat gerade mal 5 Mrd. Dollar gekostet. Ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass ukrainische Öl-und Gasvorkommen in die Hände von Chevron, Shell und ExxonMobile gefallen sind. Inklusive Fracking-Rechten. [3]
Interessen Russlands
Russland ist in der Zwickmühle: Wenn die ukrainische Armee Dörfer und Städte in der Ost-Ukraine bombardiert und die dort ansässigen russisch-Ukrainer Russland um Hilfe anflehen hat Putin zwei Möglichkeiten:
Er kann die Hilferufe ignorieren und sich bei seinem eigenen Volk unbeliebt machen.
Oder er kann mit Militär in der Ostukraine intervenieren, die Ukrainer zurückdrängen, wird aber entsprechend vom Westen als Aggressor geächtet.
Die beste Lösung für Putin besteht deshalb darin, auf diplomatischem Wege für Frieden in der Ost-Ukraine zu sorgen, sodass er gar nicht vor die Wahl gestellt ist, militärisch zu intervenieren oder nicht.
Interessen der Ukraine
Dem ukrainischen Volk dürfte mittlerweile klar geworden sein, dass es zum Spielball von Washington und Moskau geworden ist. Und ich gehe mal davon aus, dass das denen überhaupt nicht passt.
Die normalen ukrainischen Durchschnittsbürger mit denen ich gesprochen habe, wollen nur ihre Arbeit, einen anständigen Lohn, eine vernünftige Rente von der man leben kann. Sie haben nichts gegen die Russen mit denen sie seit Jahrhunderten gut ausgekommen sind und auch weiterhin gut auskommen.
Warum die ukrainische Armee im Osten einen Bürgerkrieg mit den "russischen Separatisten" führt und dafür Ressourcen verschwendet, die andernorts dringend gebraucht werden, versteht wohl kaum jemand.
Die ukrainische Regierung dürfte wohl an einem Gesamtpaket mit Europa interessiert sein:
Die Ukraine ist abhängig von Russland. Von dort bezieht sie die fehlende Energie, dorthin exportiert sie einen Viertel ihrer Waren (Link zur Ukrainischen Wirtschaft). Die Ukraine darf also Russland nur dann verärgern, wenn sie vom Westen ein vernünftiges Gegenangebot bekommt. Sprich: Die Ukraine exportiert nach Europa statt Russland und bekommt von dort auch die Energie.
Ich könnte mir deshalb gut vorstellen, dass die Ukraine argumentiert: "Ja, wir entsprechen dem Wunsch der Amerikaner und kommen in die Nato. Aber nur, wenn wir auch in die EU und den Euro dürfen."
Hierbei dürfte die Ukraine aber auf Granit beissen, denn genau das widerspricht den ....
Interessen der EU
Die EU hat im Moment genügend eigene Probleme und will sich nicht noch mit der Ukraine ein weiteres "Mega-Griechenland" aufhalsen. Desweiteren entsprechen die Produkte, die die Ukraine anzubieten hat (Link: Ukraine Export) bei weitem nicht westeuropäischem Standard. (Rohstoffe wie Eisenerz und Weizen ausgenommen).
Unter dem Strich würde sich die EU mit einer Integration der Ukraine mehr aufhalsen als sie bringen würde.
Hinzu kommt, dass 24% der rund 44 Mio Ukrainer unter der Armutsschwelle leben und noch so gerne in den Westen Europas auswandern würden. Auch das ist nicht im Interesse der EU.
Die EU - und damit ist in erster Linie Deutschland gemeint - ist im Moment ohnehin hin- und hergerissen.
Militärisch: Der Freund USA rasselt mit dem Säbel und der ehemalige Feind Russland "macht auf Frieden". Die EU ist schon aus Selbsterhaltungstrieb für den Frieden und müsste sich deshalb eigentlich auf die Seite Russlands stellen.
Ökonomisch: Dasselbe Spiel: Die USA verlangen Sanktionen gegen Russland. Diese treffen aber (Stichwort: russische Gaslieferungen) Europa und nicht die USA.
Ukraine: Die Europäer erkennen, dass ein Nato-Beitritt problematisch werden könnte und müssen dementsprechend dagegen sein, um im Falle eines russischen Eingriffs in der Ost-Ukraine nicht Selbstmord begehen zu müssen. Eine offene Stellungnahme dagegen würde jedoch den Bündnispartner USA verärgern. (Und natürlich auch den Vasallen GB).
Alles in allem eine Zwickmühle, die auch George Friedman erkennt (im Video bei 11:32): "Wer mir eine Antwort darauf geben kann, was die Deutschen in dieser Situation tun werden, der kann mir auch sagen, wie die nächsten 20 Jahren Geschichte aussehen werden."
Fussnoten
[1]: Kurzversion des Videos (13 Minuten) mit George Friedman, das alle Wesentlichen Punkte enthält: https://www.youtube.com/watch?v=oaL5wCY99l8
Die Vollversion 1 Std. 12 Min: https://www.youtube.com/watch?v=QeLu_yyz3tc
[2]: Der Krieg 1870/71 war ein Krieg Deutschland-Frankreich, den Deutschland gewonnen hat. Frankreich hat darauf spekuliert, dass sich Österreich auf seine Seite stellen würde um sich für die Niederlage von 1866 zu revanchieren. Aber Österreich blieb neutral bzw. wurde von den Russen in Schach gehalten. Russland wiederum war feindlich gegenüber Frankreich und nach dem Motto "der Feind meines Feindes ist mein Freund" zumindest implizit auf der Seite Deutschlands. 1871 war somit der letzte Zeitpunkt der Geschichte, wo Deutschland mit Russland befreundet war.
Mehr dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-Franz%C3%B6sischer_Krieg
[3]: Mehr zum Thema Einfluss der USA auf die Ukraine seit dem Maidan-Putsch: http://screechingkettle.blogspot.ch/2014/05/the-crisis-in-ukraine-coinci...
P.S.:
Ich empfehle dringend, dass sich jeder Leser das 12 Min Video https://www.youtube.com/watch?v=oaL5wCY99l8 reinzieht.
Bei den Schreibern setze ich das sogar voraus!