Enttäuschung über ChinaTrendwende jedoch absehbarChinas Konjunkturabkühlung fällt stärker aus als erwartet. Doch zeichnet sich eine weiche Landung mit einer späteren Trendwende ab.Norbert Hellmann, SchanghaiMit der jüngsten Vorlage von Daten zur chinesischen Wirtschaftsleistung setzt sich das Unbehagen über die Erlahmung der Konjunktur in der zweitgrössten Volkswirtschaft fort. Der Rückschritt beim Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 8,9% im vierten Quartal 2011 auf 8,1% im ersten Quartal sprengt die Erwartungen. Das Gros der Konjunkturbeobachter hatte ein Wachstum von mindestens 8,3% erwartet. Gleichzeitig wurde die niedrigste BIP-Zunahme seit dem ersten Quartal 2009 registriert. Gleichwohl festigt sich die Erwartung, dass etwa zur Jahresmitte die Talsohle erreicht sein dürfte und die chinesische Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte eine leichte Wiederbelebung erfahren wird.Angesichts der latenten Schwäche des chinesischen Immobilienmarktes und der spürbaren Zurückhaltung privater Immobilienentwickler scheint der Staat in die Bresche zu springen und öffentliche Wohnungsbauprojekte anzukurbeln, um der Gefahr eines Knicks in der Bauwirtschaft zu begegnen. Wie die neuen Daten vom Freitag zeigen, haben die Anlageinvestitionen als ein besonders wichtiger Treiber des chinesischen BIP im März mit 20,9% etwas verhaltener als in den ersten beiden Monaten des Jahres zugenommen. Dies kann vor allem auf die Abkühlung des Immobilienmarktes und Konsolidierungstendenzen in der Stahlindustrie zurückgeführt werden und stellt für sich genommen noch keinen beunruhigenden Trend dar.Zu den positiven Entwicklungen der chinesischen Wirtschaftsleistung gehört die Entwicklung der akzelerierten Industrieproduktion im März. Mit einem Anstieg um 11,9% gegenüber Vorjahr bestätigt sich die jüngst vom offiziellen Einkaufsmanagerindex angedeutete Aufhellung der Auftragslage bei den vor allem von der Binnennachfrage abhängigen Staatsunternehmen. Während die nicht zuletzt von öffentlichen Aufträgen gestärkten Staatsunternehmen die Produktion auf Touren halten, spürt der chinesische Mittelstand die Auswirkungen der von den jüngsten Aussenhandelsdaten bestätigten schwächeren Exportkonjunktur im Zuge einer anhaltenden Nachfrageschwäche im EU-Raum.Während die Importentwicklung in den ersten drei Monaten Befürchtungen über ein Abflauen der chinesischen Binnennachfrage genährt hat, zeigt die Entwicklung der Einzelhandelsumsätze mit einem Zuwachs von 15,2% im März weiterhin einen robusten Trend auf. Analytiker sehen abseits der Entwicklung am Immobilienmarkt zumindest keine Vorboten einer Eintrübung der Konsumneigung, die die chinesische Wirtschaft weiter zurückwerfen würde.Nachdem die Regierung Chinas im März das offizielle Wachstumsziel für das Jahr 2012 von 8% auf 7,5% revidiert hat, steht Peking auch nach Veröffentlichung der trüberen Wachstumsdaten zumindest nach aussen nicht unter unmittelbarem Zugzwang für grosse Stimulierungsmassnahmen und dürfte vor allem bemüht sein, die Fortschritte bei der Eindämmung der Teuerung nicht zu kompromittieren. Damit gibt es keinen unmittelbaren Anlass für eine an den Finanzmärkten herbeigesehnte geldpolitische Offensive mit einer starken Rücknahme der Mindestreservesätze oder gar expliziten Zinssenkungen.Quelle: NZZ von 14.4.12